«Die Ausstellungsbühne gehört ganz den Pionierinnen in der Schweizer Politik», wird Direktor Thomas Pauli-Gabi in einer Mitteilung des historischen Museums Bern vom Montag zitiert.
Die früheren Politikerinnen teilen mit den Museumsbesuchenden ihre Erinnerungen und Erfahrungen und berichten, wie die Schweiz mitgestaltet haben.
«Was uns aus heutiger Perspektive als selbstverständlich erscheint, musste lange und hart erkämpft werden. Und es braucht weiterhin Engagement - nicht nur, um das Erkämpfte zu erhalten, sondern um die Gleichstellung zu verwirklichen», erklärt die ehemalige Bundesrätin Ruth Dreifuss ihre Beteiligung an der Ausstellung. Dreifuss war im Jahr 1999 die erste Bundespräsidentin der Eidgenossenschaft.
Fast 30 Jahre zuvor, im Jahr 1971, hatten die Schweizer Frauen nach jahrzehntelangem Kampf das Stimm- und Wahlrecht erhalten. Damit hinkte die Schweiz, die sich gerne als Hort der Demokratie feiert, 50 Jahre hinter dem europäischen Ausland hinterher.
Die Ausstellung im Historischen Museum Bern erinnert an die Akteurinnen ersten Stunde. Zehn Frauen wurden auf Anhieb in den Nationalrat gewählt, zwei rückten wenig später nach. In den Ständerat schaffte es ebenfalls eine Frau.
Sie alle benötigten damals eine Portion Unerschrockenheit und Ausdauer. Denn von Gleichberechtigung war die Schweizer Gesellschaft noch weit entfernt. Doch die Frauen setzten an, die Gesellschaft durchgreifend zu verändern.
«Die Ausstellung ‹Frauen ins Bundeshaus! 50 Jahre Frauenstimmrecht› veranschaulicht, wie sich die ersten eidgenössischen Politikerinnen in die bis 1971 ausschliesslich männlich dominierte Bundespolitik einbrachten, wie sie das Feld der Politik herausforderten und veränderten», erläutert Fabienne Amlinger, Kuratorin der Ausstellung und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bern.
Zwölf Politikerinnen verschiedener Parteien, darunter die erste Bundesrätin Elisabeth Kopp und die erste Bundespräsidentin Ruth Dreifuss, aber auch aktuelle Politikerinnen wie Tamara Funiciello und Yvette Estermann teilen in Videointerviews bisher ungehörte Geschichten über Erfolge, Rückschläge und den unermüdlichen Kampf für Gleichstellung.
Die Ausstellung im Historischen Museum dauert bis im Sommer 2021.
Im 19. Jahrhundert galt das Engagement der Frauen vor allem zivilrechtlichen Verbesserungen. Erst gegen Ende des Jahrhunderts kamen auch Forderungen zur politischen Mitbestimmmung auf.
Das zähe politische System der Schweiz, aber auch eine wenig frauenfreundliche Gesinnung von Bundesrat und Parlament führten dazu, dass das Frauenstimmrecht keine hohe Priorität genoss.
Die erste Frauenstimmrechts-Petition von 1929 verschwand in den Akten des damaligen Bundesrates Häberlin. Dieser übergab das Geschäft an seinen Nachfolger mit der lapidaren Bemerkung „Das Material für das Frauenstimmrecht liegt im übrigen [...] in der mittleren Schublade rechts Deines Schreibtisches“.
1959 wurde ein erster Anlauf für ein nationales Frauenstimmrecht an der Urne gebodigt. Gegen Ende der 1960-er Jahre wurde die Debatte durch die anstehende Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention, die das Frauenstimmrecht beinhaltete, und durch das von der UNO 1968 ausgerufene Jahr der Menschenrechte angekurbelt. Ausserdem fand auch die Frauenbewegung im Zug der 68er-Bewegung zu mehr Aufmüpfigkeit und Konfrontationswillen.
Heute beträgt der Frauenanteil im Nationalrat bei 42 Prozent.
(SDA)