Ein Routinebesuch auf dem türkischen Konsulat in Zürich endete für Dilan* (33) mit einer bösen Überraschung. Die Baslerin mit kurdischen Wurzeln dachte sich nichts dabei, als sie Ende August das Diplomatengebäude betrat. Sie wollte nur eine kurze bürokratische Formalie erledigen – bekam dann aber den langen Arm des türkischen Machthabers Recep Tayyip Erdogan zu spüren.
Die Beamten beschlagnahmten Dilans Pass. «Mir wurde gesagt, dass in der Türkei ein Strafverfahren gegen mich laufe», sagt sie. «Ich würde per Haftbefehl gesucht.»
Die Baslerin protestierte, wollte ihren Pass zurück. Doch der Konsulats-Angestellte drohte, sie gleich an Ort und Stelle festzuhalten.
Gesucht wegen angeblicher Terrorpropaganda
Dilan: «Ich war geschockt und habe das Konsulat sofort verlassen.»
Den Haftbefehl kann sich die Kurdin nicht erklären. Ihr Anwalt in der Türkei fand jedoch heraus: Sie wird wegen angeblicher Terrorpropaganda im Internet gesucht. Laut Dilan ein absurder Vorwurf. Zwar habe sie in den sozialen Medien hin und wieder Erdogans Politik kritisiert. Aber Terrorismus? Der Vorwurf sei völlig abwegig.
Die Praxis der Türkei ist schon aus Deutschland oder Österreich bekannt: Wer mit der türkischen Regierung nicht auf Linie ist, wird auch im Ausland drangsaliert. Die Beschlagnahmung des Passes aufgrund von willkürlichen Strafverfahren ist dabei eine beliebte Methode Ankaras. In der Schweiz ist es der erste Fall dieser Art.
Praxis der türkischen Behörden nicht rechtens
Dilan will ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen. Zu gross ist ihre Furcht vor dem türkischen Staat. Dabei ist sie in der Schweiz geboren, lebt hier ihr ganzes Leben lang bestens integriert. Angst hat sie jetzt auch um ihre Verwandten, die noch immer in der Türkei wohnen. Was, wenn sie verhaftet werden? Das ist schon Tausenden anderer Erdogan-Kritiker passiert.
Klar ist: Rechtens ist die Praxis der türkischen Behörden nicht. Zwar gibt es die gesetzliche Möglichkeit des Passentzugs, wenn von einer Person eine direkte Sicherheitsgefahr für das Land – in diesem Fall für die Türkei – ausgeht. Solange der Mensch allerdings in der Schweiz lebt, greift diese Begründung nicht.
Dilan hat weder eine Passkopie noch eine schriftliche Begründung für die Massnahme erhalten. Auch das ist unrechtmässig. Betroffene Personen müssen schriftlich darüber aufgeklärt werden, auf welcher Rechtsgrundlage in ihre Freiheit eingegriffen wird. Das ist ein Grundprinzip der europäischen Menschenrechtskonvention.
Dilan fühlt sich ohnmächtig
Sowohl das türkische Konsulat in Zürich als auch die Botschaft Ankaras in Bern reagierten nicht auf Anfragen von SonntagsBlick. Das Schweizer Aussendepartement (EDA) duckt sich aus der Verantwortung. Als Dilan beim EDA um Hilfe bat, wiegelte der Bund ab, sagt sie.
EDA-Sprecher Pierre-Alain Eltschinger rechtfertigt sich: «Die Vergabe und der Entzug von Reisepässen obliegen der ausstellenden Behörde des Herkunftslandes der jeweiligen Staatsangehörigen.» Diplomatensprache für: Die Schweiz hält sich raus und schaut tatenlos zu.
Dilan fühlt sich ohnmächtig, versteht nicht, warum die Schweizer Behörden sie nicht unterstützen. Seit Wochen ist die Baslerin nun quasi staatenlos. Ihre seit langem geplanten Ferien in Thailand musste sie stornieren. Ohne Reisepass darf sie kein Flugzeug besteigen. Zum Problem könnte der fehlende Pass auch dann werden, wenn sie ihre Schweizer Niederlassungsbewilligung verlängern muss.
Spitzelnetz in ganz Europa
Die Kurdin glaubt, dass ein Spitzel sie bei den türkischen Behörden denunziert hat. Überraschend wäre das nicht.
In den vergangenen Jahren hat Ankara in ganz Europa ein Netz von treuen Gefolgsleuten aufgebaut. Nationalistische Fanatiker melden missliebige Personen. Die türkische Regierung unterstützt die Denunzianten aktiv. Eigens dafür hat sie Smartphone-Apps und Webseiten aufgebaut.
* Name geändert
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