Vorbild Egerkingen SO
SVP-Wobmann fordert nationalen Deutsch-Zwang

Auf dem Schulareal im solothurnischen Egerkingen darf nur noch deutsch gesprochen werden – sonst gibts eine Busse. SVP-Nationalrat Walter Wobmann findet das so gut, dass er die Regelung in der ganzen Schweiz einführen will. Der Lehrerverband findets hingegen «absurd».
Publiziert: 30.01.2016 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:05 Uhr
Die SVP schickt Nationalrat Walter Wobmann noch einmal in den Kampf gegen Roberto Zanetti (SP) um den zweiten Solothurner Ständeratssitz.
Foto: Keystone/PETER SCHNEIDER

In Egerkingen SO gibt es Schulklassen, in denen bis zu 70 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund haben. Dass auf dem Pausenplatz deswegen zu wenig Deutsch gesprochen wird, ist der Gemeindepräsidentin Johanna Bartholdi (FDP) ein Dorn im Auge. Wird ein Schüler drei Mal dabei erwischt, eine andere Sprache zu sprechen, soll er zehn Lektionen in einem Deutschkurs absitzen. Das kostet 550 Franken. Wer sich weigert, wird gebüsst.

Der Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann (58) würden diesen Deutsch-Zwang gerne national etablieren. In einem Interview mit «Tele M1» fordert er die Einführung dieser Regel an allen Schweizer Schulen. Er prüfe derzeit einen entsprechenden Vorstoss.

Die Egerkinger Handhabung wird auch bald den Solothurner Regierungsrat beschäftigen. SP-Präsidentin und Lehrerin Franziska Roth (47) überlegt sich, eine Aufsichtsbeschwerde einzureichen. Der Entscheid des Gemeinderats sei äusserst schädlich für den ganzen Schulbetrieb. Zudem mische sich der Gemeinderat ohne pädagogisches Feingefühl massiv in den Schulbetrieb ein.

«Ich würde sofort kündigen»

Ins gleiche Horn stösst die Vizepräsidentin des Schweizer Lehrerverbands, Marion Heidelberger (48). «Das geht gar nicht», sagt sie gegenüber BLICK. Der Gemeinderat befinde sich in einem juristischen Graubereich. «Zudem liegen solche pädagogischen Entscheide klar in der Kompetenz der Schulleitung.»

Heidelberger ist selbst Primarlehrerin. Zum Glück nicht in Egerkingen. «Ich würde sofort kündigen.» Die Überwachung auf dem Pausenplatz schade der Bezieheung zwischen Lehrern und Kindern.

«Ausserdem dürften die Kinder dann auch nicht mehr Englisch oder Französisch miteinander sprechen. Das ist absurd, schliesslich sind es Unterrichtssprachen.»

«Solche Bestimmungen sind rassistisch und schaden der Integration», sagt Heidelberger. Für Migrantenkinder sei es am Anfang wichtig, sich in der eigenen Sprache auszudrücken. «Mit der Zeit passen sie sich dann von sich aus an. Weil jedes Kind dazugehören will.» Repressionen und die Androhung von Bussen würden das Gegenteil bewirken. «Das verunsichert die Kinder, sie scheuen vom gegenseitigen Kontakt zurück.» (gpr/lex)

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