Beim Öffnen der Haustüre schlägt einem der Geruch von Muff, Chlor und kaltem Cannabisrauch entgegen. Die Wohnung ist frostig und feucht, kann nur noch mit kleinen Elektroöfen beheizt werden. Klopft man gegen die Wand, fallen Tapetenbrösel zu Boden. Darunter zeigt sich ein Schimmelpilz, der ungestört durch die ganze Wohnung wuchert. Die ursprüngliche Farbe der Teppiche lässt sich nur erahnen. Wände und Türen sind mit Sprüchen verschmiert. «Kammer des Grauens», steht da etwa, behelfsmässig mit ein bisschen Farbe kaschiert.
Die abgewrackte Wohnung mit vier Zimmern soll ab morgen das neue Zuhause der siebenköpfigen Familie A.* werden – so plant es die Gemeinde Villmergen AG. «Ich fürchte um die Gesundheit meiner Kinder, das Jüngste ist gerade einmal fünf Monate alt», so Familienvater Bikhitiyar A. (36).
Baby in der Schimmelwohnung?
Rückblick: Im Herbst letzten Jahres ging die Autogarage des Familienvaters pleite. Hinzu kommen medizinische Probleme. Tochter Samira (5) leidet an einer Fehlbildung eines Beines, ist an den Rollstuhl gefesselt. Und Mutter Sinaver (38) erlitt während der Schwangerschaft mit Söhnchen Najmaldin (5 Monate) einen Leistenbruch, musste mehrmals unters Messer. Die Familie gerät mit der Miete in den Rückstand. Rechnungen und Betreibungen stapeln sich immer höher. Familie A. ist auf Sozialhilfe angewiesen. Irgendwann reicht es dem aktuellen Vermieter – er stellt die Familie auf die Strasse. Nur: Auf dem Wohnungsmarkt haben die verschuldeten Eltern und ihre fünf Kinder keine Chance.
Prekäre Verhältnisse in der Gemeindewohnung
Die Gemeinde Villmergen verfrachtet die Familie also in eine Notwohnung für 1000 Franken pro Monat. «Uns ist bewusst, dass wir keinen Luxus erwarten können», sagt Familie A. und mahnt: «Aber ein Baby und ein Kind mit offenen Wunden am Bein kann man hier nicht einquartieren!» Dazu kommt: Die Wohnung im ersten Stock ist nicht rollstuhlgängig: «Mir wurde gesagt, ich müsse meine Tochter halt die Treppe hochtragen.»
Das Dach des Gebäudes ist mit Plastik abgedichtet. Auf dem Estrich liegen tote Tauben. Zwischen dem Vogelkot stehen Etagenbetten, teils nur mit Karton und einem Block Styropor als Kopfkissen «bezogen». Mussten Menschen so hausen?
Das Gebäude sei bewohnbar, argumentiert Gemeinderätin Rosmarie Schneider-Wuffli (SVP). Und: Die Familie solle sich dankbar zeigen. Mit den Fotos der Schimmelwohnung konfrontiert, legt die Politikerin dann eine Kehrtwende hin. «Wir nehmen die Sache ernst», heisst es plötzlich. Der Gemeinderat will sich nun selber vor Ort ein Bild machen – und geeignete Massnahmen ergreifen. BLICK bleibt dran.
*Name bekannt
Kevin Dobler ist Schimmelpilzexperte beim Verband Schimmelpilz- und Raumgiftsanierung (SPR) und stellvertretender Geschäftsführer der Dobler-Bautenschutz AG. Er weiss: «Ist der Schimmel grösser als eine Handfläche, müssen Profis ran.» Besonders in Kinderzimmern sei Schimmel auch in kleineren Ausmassen inakzeptabel. Dobler rät davon ab, die Schimmelpilze selber mit aggressiven Reinigern zu bearbeiten: «Diese auf Chlor und anderen starken Chemikalien basierenden Mittel sind manchmal giftiger als der Schimmelpilz.»
Es gibt viele verschiedene Sorten von Schimmel, zwischen völlig ungiftig und hoch toxisch. «Erwischt man eine giftige Sorte, können die Symptome von Allergien, Schwindel, Kopfschmerzen bis zu Infektionen der inneren Organe reichen.» Aber auch ungiftige Sorten belasten die Luftqualität. Deshalb gelte: Jeder Schimmel muss weg!
Kevin Dobler ist Schimmelpilzexperte beim Verband Schimmelpilz- und Raumgiftsanierung (SPR) und stellvertretender Geschäftsführer der Dobler-Bautenschutz AG. Er weiss: «Ist der Schimmel grösser als eine Handfläche, müssen Profis ran.» Besonders in Kinderzimmern sei Schimmel auch in kleineren Ausmassen inakzeptabel. Dobler rät davon ab, die Schimmelpilze selber mit aggressiven Reinigern zu bearbeiten: «Diese auf Chlor und anderen starken Chemikalien basierenden Mittel sind manchmal giftiger als der Schimmelpilz.»
Es gibt viele verschiedene Sorten von Schimmel, zwischen völlig ungiftig und hoch toxisch. «Erwischt man eine giftige Sorte, können die Symptome von Allergien, Schwindel, Kopfschmerzen bis zu Infektionen der inneren Organe reichen.» Aber auch ungiftige Sorten belasten die Luftqualität. Deshalb gelte: Jeder Schimmel muss weg!