Vierfachmord von Rupperswil AG: Handy-Ortung, Kontrollanrufe und Verhöre
So zog sich die Schlinge um Thomas N. zu

Wie kam die Aargauer Staatsanwaltschaft dem Vierfachmörder von Rupperswil AG auf die Spur? BLICK hat einen Mann gefunden, der erzählt, wie sich die Schlinge um Thomas N.* (33) immer mehr zusammengezogen hat. Er war kurzzeitig gar einer der Mordverdächtigen.
Publiziert: 19.05.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 13:50 Uhr
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Der Vierfachmörder Thomas N. (33) mit einem jungen Husky.
Foto: BLICK
Ralph Donghi

Die Aargauer Staatsanwaltschaft schweigt weiter eisern, wie sie dem Vierfachmörder von Rupperswil AG auf die Spur gekommen ist. BLICK fand einen Mann, der kurz als tatverdächtig galt. Sein Fall zeigt auf, wie sich die Schlinge um Killer Thomas N.* (33) zusammenzog.

«Ich bekam am Montag vor einer Woche einen Anruf von der Polizei», sagt Ernst O.* (69). «Man sagte, ich müsse nach Aarau zur Einvernahme kommen.» Er habe sofort geahnt, worum es gehe: um die Rätselmorde im Spitzbirrli-Quartier.

«Ich habe mich sowieso gewundert», sagt Ernst O. weiter, «dass ich Monate nach der Tat noch nie befragt worden war.» Denn er war am Tatmorgen in der Nähe des Hauses der Familie Schauer – und er wohnt keine 500 Meter entfernt. Was Ernst O. nicht ahnt: Er wohnt auch in direkter Nähe zum Täter.

«Ich bin zwei Tage nach dem Anruf brav zur Einvernahme gegangen und habe alle Fragen beantwortet», sagt Ernst O. Die Polizei habe nicht konkret gesagt, worum es gehe. Sie war vorwiegend an seinem Alibi für den 21. Dezember interessiert: «Ich sagte der Polizei, dass ich in der Nähe des Tatorts gearbeitet habe und mir auch nichts Spezielles aufgefallen sei.»

Die Ermittler befragen ihn und andere Verdächtige, die sie ebenfalls angerufen haben. Und stellen fest, dass Ernst O. aufgrund der intensiven Vorermittlungen nicht ins Täterprofil passt. «Ich durfte gehen», sagt Ernst O.

Erst letzten Freitag wird ihm der eigentliche Grund der Einvernahme klar, als die Behörden Thomas N. als Täter präsentieren. Ernst O. weiss: «Die haben ja diese Handyortung durchgeführt und dabei wohl nur Nummern erhalten. Darum mussten sie alle anrufen und am Ende hatten sie nach einem Ausschlussverfahren die Personen übrig, die sich im Umfeld von wenigen Hundert Metern in Tatortnähe aufhielten.»

Selbst wenn Thomas N. sein Handy während der Tat nicht dabei hatte, wäre er ins Visier der Fahnder geraten. Weil er unweit des Tatorts wohnte.

Laut BLICK-Informationen liessen die Ermittler tatsächlich Handybewegungsprofile erstellen. Thomas N. war vorwiegend zu Fuss, mit dem Hundevelo, im Zug und selten mit dem dunkelgrauen Auto seiner Mutter unterwegs. Im riesigen Puzzle von Informationen soll er erst wenige Tage vor der Verhaftung ins engere Netz geraten sein. Doch warum schlugen die acht zivilen Polizisten inmitten von Aarau zu? Ein Polizist aus einem anderen Kanton sagt: «Im Auto, Bus oder Zug könnte er flüchten. Und daheim weiss man nie, was einen erwartet.» Warum wurde er nicht sofort gepackt? «Es muss plötzlich einen ermittelten Hinweis gegeben haben, dass der Einsatzleiter den Zugriff befahl», sagt der Polizist. «Man wollte kein Risiko eingehen.»

Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass Thomas N. wieder Morde geplant hatte. Im Quartier heisst es sogar, er habe in Rupperswil offenbar ein Briefkastenschild einer Familie fotografiert – nach der Bluttat.

Sicher ist: Der Vierfachmörder sitzt jetzt hinter Schloss und Riegel. Bei ihm zu Hause gingen gestern zwei Ermittler mit einer Gemeindevertreterin eine Treppe hinunter in den Keller. Die Polizisten verliessen das Haus mit Säcken und einem Koffer.

Die «Schweiz am Sonntag» berichtete über die Matura-Arbeit von Thomas N. Thema: Osama Bin Laden und die Anschläge in New York. Auf Nachfrage, ob im Hinblick auf Anschläge etwas gefunden wurde, winkt ­Fiona Strebel von der Staatsanwaltschaft ab: «Es wurde weder Sprengstoff gefunden, noch gibt es Hinweise auf einen Anschlag.» Auf die Frage, ob weitere Personen angehalten oder gar verhaftet wurden, sagt die Staatsanwaltschaft nichts. Auch nicht auf die Frage, ob sie weitere Personen im Visier hat.

* Name der Redaktion bekannt

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