Vierfach-Mord von Rupperswil
Klärt ein Video die Bluttat auf?

Der grausame Vierfach-Mord von Rupperswil ist eines der verstörendsten Verbrechen, das die Schweiz je erlebt hat. Die Täterschaft ist auf der Flucht. Die Polizei jagt sie mit allen Mitteln.
Publiziert: 27.12.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:51 Uhr
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Die Polizei hat mit Unterstützung der Bevölkerung eine beispiellos Jagd auf die Täter eröffnet.
Foto: Joseph Khakshouri
Von Cyrill Pinto

Dutzende Kerzen brennen auf dem Platz vor dem Haus der Familie Schauer in Rupperswil AG. Kollegen des FC Aarau, wo Davin Schauer (13) Fussball spielte, haben einen Schal an den Gartenzaun gehängt. Darunter ein Foto von ihrem Kollegen: «Wir vermissen dich sehr» steht dabei.

Immer wieder kommen Nachbarn vorbei, legen Blumen nieder, zünden Kerzen an. Ein paar Meter weiter überwacht ein Kantonspolizist den Abtransport des schwarzen Audi A3, der vor dem Haus steht. Ein gelbes Raupenfahrzeug hievt den Wagen hoch, lädt ihn auf den Abschleppwagen und fährt davon.

Ein Nachbar beobachtet die Szene vom Fenster aus. Niemand könne fassen, was passiert sei, sagt er zu SonntagsBlick. Besonders beängstigend: «Die Täter laufen immer noch frei herum.» Experten gehen davon aus, dass mindestens zwei Personen die grausame Tat begangen haben müssen. Am Montag wurden Carla Schauer (48), ihre Söhne Davin und Dion (19) sowie Dions Freundin Simona (21) im Haus an der Lenzhardstrasse 53 in Rupperswil brutal ermordet. Die Feuerwehr entdeckte ihre leblosen Körper kurz vor 11.30 Uhr, nachdem sie zu einem Brand in dem Haus gerufen wurde. Nachbarn hatten Alarm geschlagen, weil dichter Rauch aus dem Gebäude quoll. Später wird bekannt: Die Leichen waren gefesselt, wiesen diverse Stich- und Schnittverletzungen auf. Die Täter übergossen ihre Opfer mit Brandbeschleuniger und zündeten sie an.

Noch kaum je hat die Schweiz ein ähnlich verstörendes Verbrechen erlebt.

Nur ein paar Stunden vor dem Brand wurde Mutter Carla Schauer beobachtet, wie sie um 9.50 Uhr Geld am Geldautomaten der Hypothekarbank Lenzburg in Rupperswil bezog. Dann fuhr sie ins zehn Autominuten entfernte Nachbardorf Möriken-Wildegg AG. Um 10.10 Uhr entstand am Schalter der Aargauer Kantonalbank das letzte Bild von ihr – geschossen von einer Überwachungskamera. Es dient der Polizei später als Foto für die Fahndung nach den Tätern. Bis gestern Abend waren diese auf der Flucht.

Die Polizei hat mit Unterstützung der Bevölkerung eine beispiellose Jagd auf sie eröffnet. Ermittler der Kriminalpolizei befragen Nachbarn, Bekannte aus dem Umfeld der Familie und mögliche Zeugen. Polizisten verteilten über die Weihnachtstage Flugblätter und baten um Hinweise zur Tat: Hat jemand Carla Schauer dabei beobachtet, wie sie das Geld abhob? Nicht im Fokus der Ermittler ist dabei der Partner Schauers.

«Mehrere Dutzend Polizisten sind zurzeit mit den Ermittlungen beschäftigt», sagt der leitende Oberstaatsanwalt Ph ilipp Umbricht (52). Unter seiner Leitung  wertet die Polizei Dutzende Hinweise aus der Bevölkerung aus.

Besonders wertvoll für die Ermittler sind Aufnahmen von sogenannten Auto-Dashcams. Das sind Kameras, die fix in Autos eingebaut sind und ständig laufen – sie werden ausgewertet, wenn es zu einem Unfall kommt. Die Polizei ist im Besitz von mehreren Videos, die die letzte Autofahr von Carla Schauer zeigen könnten. Möglicherweise ist darauf sogar einer der Täter zu sehen.

Parallel dazu lässt die Staatsanwaltschaft den schwarzen Audi von Carla Schauer auf Spuren absuchen, die Hinweise auf die Täter geben könnten. 

Auf eine heisse Spur kam die Polizei, als sich die Benu-Apotheke in Wohlen AG bei ihr meldete. Laut dem Lokalsender Tele Züri liessen sich dort kurz nach der Tat  zwei Unbekannte ihre Schnittwunden behandeln. Wer waren diese Männer? Hat die Polizei sie gefunden? Haben sie Alibis? Diese Fragen will die Staatsanwaltschaft nicht beantworten – «aus ermittlungstaktischen Gründen», wie Umbricht sagt.

Der Nachbar von Carla Schauer ist aufgewühlt. Am Montagmorgen ging alles seinen gewohnten Gang. Nichts deutete auf ein so grausames Verbrechen hin. Nun ist das Böse in die Nachbarschaft eingedrungen. Und niemand weiss, wer es gebracht hat. «Diese Ungewissheit macht uns allen sehr viel Angst.»

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