Tunen – bloss ein Hobby? Das Phänomen der Auto-Poser ist aktueller denn je. Die Polizei kontrolliert so viel wie noch nie, die Politik fordert Massnahmen. Die Auto-Poser selber halten sich für harmlos.
Der Psychologe Urs Gerhard (70) weiss, wie sie ticken. Der Basler ist seit 30 Jahren als Verkehrsgutachter tätig. An der Universität Basel ist er zudem Privatdozent für Verkehrspsychologie.
Urs Gerhard, wie sieht ein klassischer Auto-Poser aus?
Ich kann keine generelle Beschreibung abgeben, weil die Poser bisher noch nicht so oft in den verkehrspsychologischen Untersuchungen aufgetaucht sind. Es ist ein eher jüngeres Phänomen. Dass Leute mit dröhnendem Motor durch die Stadt fahren, hat erst in der Corona-Zeit enorm zugenommen. Bei meinen Gutachten kommen solche Poser allerdings in Verbindung mit anderen Verkehrsdelikten zu mir.
Worum geht es den Posern?
Es geht darum, sich bemerkbar zu machen. Es ist Imponier- und Balzgehabe, ein Aufplustern, wie es im Tierreich auch vorkommt. Die jungen Männer wollen auf sich aufmerksam machen wie der Hahn mit seinem Kamm. Nur dass dieses Verhalten in unserer Gesellschaft völlig inadäquat ist. Aber ein junger Mann denkt in diesem Moment nicht daran.
Also «All eyes on me» – aber wieso?
Es geht dabei immer um dasselbe: Darum, sich zu messen und zu zeigen, was man für ein Held ist. Die Leute haben oft eine bescheidene Ausbildung. Sie haben nichts anderes an Erfolgen vorzuzeigen, wie etwa ein Studium – sie haben einzig das Auto. Sie machen auch nicht unbedingt Leistungssport. Sich zu messen und zu gewinnen, das fehlt den Auto-Bluffern im Leben.
Wie alt sind diese Poser?
Zwischen 18- und 25-jährig. Das Alter spielt eine wichtige Rolle, denn nach 25 ist die Sturm- und-Drang-Phase vorbei. Der Reifungsprozess setzt irgendwann noch ein. Bei vielen kommt das Einsehen, wenn sie rechtliche Konsequenzen zu spüren bekommen haben.
Weshalb müssen es immer dieselben Automarken sein?
Wieso müssen es bei Frauen Gucci-Taschen sein? Der BMW und der VW-Golf sind Prestigeobjekte. Mit einem Renault oder einem Opel kann man weniger gut angeben.
Die Auto-Poser von Oftringen gaben an, durchs Auto vor allem Kollegen gefunden zu haben. Ist das auch ein Grund für ein solches Auto: dazugehören zu wollen?
Normalerweise haben sie bereits gleichgesinnte Kollegen. Sie kaufen das
Auto, um mit ihnen zu konkurrieren.
Viele Poser nehmen illegale Änderungen an ihren Fahrzeugen vor und geraten damit mit dem Gesetz in Konflikt. Wieso, wenn es ja auch legal ginge?
Beim Ausbauen vom Katalysator geht es um mehr Lärm und Aufmerksamkeit. Dabei kümmern sie sich nicht um das Gesetz. Bei anderen Veränderungen, die durchaus legal sein könnten, geben sie oft ihren letzten Heller aus – und haben dann nichts mehr, um dies bei der MFK anzumelden. Des Weiteren gibt es Garagen, die ihre Kunden täuschen und sagen, dass alles legal sei – auch wenn dem nicht so ist. Oder die Bastler bestellen sich unwissentlich Bausätze aus dem Ausland, die dort legal sind.
Aus welchen finanziellen Verhältnissen kommen die Poser?
Meistens aus bescheidenen Verhältnissen, es sind oft Secondos oder Migranten.
Sehen Sie Probleme beim Leasing?
Kreditvergabefirmen sind zwar ein Motor der Wirtschaft, aber in diesem Fall zeigen sich auch die problematischen Seiten. Es ist heute so einfach, ein Auto zu leasen. Und einige Autokäufer sind nicht schlau genug, die langfristigen Konsequenzen zu sehen. Die Autobesitzer haben häufig viele Schulden. Ich sehe junge Männer mit 20'000 bis 30'000 Franken Schulden – allein durch den Kauf eines Autos, das ihre Verhältnisse völlig übersteigt. Sie leiden später darunter, wenn es um die Schuldensanierung geht oder sie eine Familie gründen wollen. Einige sind aber auch bereit, ausserordentlich viel zu arbeiten und Nebenjobs anzunehmen, um die Schulden wieder zu tilgen.
Laut den Aussagen der Poser eigne sich ein aufgemotztes Auto, um Frauen aufzureissen. Stimmt das?
Teilweise mag das stimmen. Es gibt tatsächlich Frauen, die gerne in einem auffälligen Auto mitfahren und das toll finden. Sie meinen, ihr eigenes Image werde dadurch auch aufpoliert. Aber man muss sich fragen, was das für Frauen sind. Es ist unwahrscheinlich, auf diese Weise eine vernünftige Lebenspartnerin zu finden.
Geht es den Frauen um das Auto – oder sehen sie in den Besitzern etwas Besonderes?
Das Auto wird als physische Verlängerung der Person erlebt, wie bei den Hirschen das Geweih und beim Löwen die Mähne. Der Mensch ist im Vergleich zu den Tieren überdies in der Lage, Werkzeuge zu benutzen – und das Auto ist ein solches Werkzeug.
Zurück zu den Posern: Diese geben an, dass Geschwindigkeitsexzesse bei ihnen weniger ein Thema sind. Glauben Sie das?
Ich sehe durchaus solche, die sich rein auf die Ästhetik des Autos konzentrieren. Aber die Versuchung ist bei PS-starken Fahrzeugen sicher grösser, auch mal Gas zu geben.
Wer von den Posern und Tunern jedoch normal fährt, der schadet niemandem. Wieso stehen sie dennoch in so einem schlechten Licht da?
Die anderen, die es eben nicht dabei bleiben lassen können und zu viel Gas geben oder Lärm verursachen, sind dafür verantwortlich, dass alle über denselben Kamm geschert werden. Sowohl die Polizei wie auch der Normalbürger denkt: aufgemotztes Auto gleich Schnellfahrer.
Die jungen Männer vom Wochenende erzählen, ihr Geld statt für Drogen fürs Auto auszugeben. Zudem trinken sie keinen Alkohol. Damit verhalten sich diese Jungs ja viel anständiger als die betrunkene Dorfjugend oder die mit Drogen zugedröhnten Stadtkinder.
Also wenn sie sich Geschwindigkeitsexzessen hingeben, dann verhalten sie sich gemeingefährlich. Aber es stimmt, in Migrantenfamilien wird aus religiösen Gründen oft keinen Alkohol getrunken. Auch Drogen sind eher verpönt.
Was ist schlimmer?
Eine Drogen- oder Alkoholsucht ist definitiv schlimmer, denn sie führt zu Persönlichkeitsveränderungen und körperlichen Störungen. Das ist bei den Posern nicht der Fall – ausser, sie bauen einen schweren Unfall. Aber sonst kriegen die Auto-Poser eigentlich schon irgendwann die Kurve. Bei Drogen und Alkohol ist es definitiv schwieriger, den Hebel noch rechtzeitig umzukippen.
Imponiergehabe ist ein sich im Laufe der Evolution sich entwickeltes ritualisiertes Verhalten mit zur Schau Stellung von Stärke signalisierenden Körperteilen, das letztlich bei potenziellen Sexualpartnern Eindruck machen und die Paarungschancen erhöhen soll.
In der Tierwelt finden sich verschiedene Formen:
- Bei Affen und Flusspferden entblössen des Gebisses
- Trommeln auf die eigene Brust der Gorilla-Männchen
- Röhren der Hirsche
- Reviergesänge der Vögel
- Katzen mit gesträubtem Fell
Doch auch der Mensch entwickelte Strategien:
- Schulterpolster vergrössern den eigenen Körper
- Zurschaustellung athletischer Fähigkeiten
- Protzen mit prestigeträchtigen Statussymbolen
- Protzen mit erbrachten Leistungen aller Art, insbesondere vermeintlichen Heldentaten
- Mutproben, etwa eine Sprung vom 10-Meter-Brett
Während in einigen Milieus bestimmte Formen von Imponierverhalten regelrecht zelebriert werden, sind diese in anderen Milieus nahezu tabu.
In Milieus mit hoher Bildung und hoher Wertschätzung von sozialem Engagement gilt demonstratives Imponiergehabe als unkultiviert, primitiv und niveaulos. Es kommt dafür in subtilerer Form vor, wie dem scheinbar zufälligen, aber doch auffälligen Drapieren eines PKW-Schlüssels einer Nobelmarke.
Das Imponierverhalten ist abhängig vom jeweiligen Wertesystem, das letztendlich darüber entscheidet, welche Handlungen, Gegenstände oder eben Automarken zum Prestigeobjekt avancieren.
Quelle: Wikipedia
Imponiergehabe ist ein sich im Laufe der Evolution sich entwickeltes ritualisiertes Verhalten mit zur Schau Stellung von Stärke signalisierenden Körperteilen, das letztlich bei potenziellen Sexualpartnern Eindruck machen und die Paarungschancen erhöhen soll.
In der Tierwelt finden sich verschiedene Formen:
- Bei Affen und Flusspferden entblössen des Gebisses
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Das Imponierverhalten ist abhängig vom jeweiligen Wertesystem, das letztendlich darüber entscheidet, welche Handlungen, Gegenstände oder eben Automarken zum Prestigeobjekt avancieren.
Quelle: Wikipedia
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