Auf einen Blick
- Kevin D. (40) soll 14-Jährige im Bannwald Olten SO attackiert haben
- Tatwaffe: ein japanisches Kampfmesser, das Blick gefunden hatte
- Kevin D. wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung angeklagt
- Er wird von der Staatsanwaltschaft auch für weitere Sexualdelikte verantwortlich gemacht
Urteil gefällt: Kevin D. ist schuldunfähig
Ende Oktober wurde der Fall am Amtsgericht in Olten SO verhandelt, jetzt wurde das Urteil bekanntgegeben. Es war versuchter Mord und versuchte Vergewaltigung, wie SRF berichtet. Die Tat gilt auch als sexuelle Handlung mit einem Kind. Der Täter ist allerdings schuldunfähig, hält das Gericht demnach fest.
Das Gericht verhängt eine stationäre, therapeutische Massnahme, die nach fünf Jahren um jeweils fünf weitere Jahre verlängert werden kann. Der Richter erklärte am Montag, es bestehe ein klarer Zusammenhang zwischen dem psychotischen Zustand und den Taten. Kevin D. leidet seit Jahren unter einer Art Schizophrenie mit psychotischen Störungen. Der Mann hatte angegeben, er höre seit über 20 Jahren Stimmen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann an die nächste Instanz weitergezogen werden.
Schlusswort des Beschuldigten
Am Ende darf Kevin D. noch das Schlusswort halten. Er sagt: «Ich möchte mich noch einmal sehr entschuldigen. Ich werde alles machen, dass ich diese Therapie beenden kann und so etwas nie mehr passiert.»
Das Urteil will das Gericht am 11. November 2024 um 10 Uhr verkünden.
Danke für die Aufmerksamkeit.
«Ich will Sex»
Der Staatsanwalt verzichtet auf eine weitere Ausführung.
Der Opfer-Anwalt stellt fest, dass vom Beschuldigten immerhin die zivilrechtlichen Forderungen anerkannt wurden.
Die Anwältin eines anderen Opfers erwähnt noch, dass der Angeklagte gegenüber einer seiner Klientin «Ich will Sex» gesagt haben soll. Damit sei erstellt, dass er Geschlechtsverkehr haben wollte.
Anwalt von Kevin D.: «Es ist gar keine Schuldfähigkeit möglich.»
Die Frage der Schuld- beziehungsweise Schuldunfähigkeit sei in diesem Fall natürlich die zentrale Frage, sagt der Verteidiger von Kevin D. Er wiederholt sich und sagt, dass er sich den Ausführungen der Staatsanwaltschaft anschliesse - also eine Schuldunfähigkeit bei seinem Klienten sehe. Das Gutachten sei schlüssig. «Somit ist gar keine Schuldfähigkeit möglich», so der Anwalt des Beschuldigten abschliessend. Die Behandlung in den letzten drei Jahren spreche bei ihm an und diese sei weiterzuführen.
Tat gegenüber 14-Jähriger gestanden
Nun kommt der Verteidiger von Kevin D. zum Delikt an der 14-Jährigen - und somit zum Vorwurf des versuchten Mordes. Sein Klient habe sich grundsätzlich geständig gezeigt, und der Sachverhalt sei erstellt. Er verweist hiermit auf die Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Die Aussagen seines Klienten zu einer möglichen Vergewaltigung seien aber immer bei der Aussage eines Versuches geblieben.
Freispruch beim sechsten Fall gefordert
Schliesslich kommt der Verteidiger von Kevin D. zum vorletzten Fall in Olten. Dieses Opfer habe sich aufgrund des Zeugenaufrufs bei der Polizei gemeldet. Hier kritisiert er die Polizeiarbeit bei der Befragung seines Klienten bezüglich des Messers. Man habe Kevin D. gefragt, warum er da ein Messer bei sich gehabt habe. Dies sei dem Beschuldigten somit in den Mund gelegt worden. «Dabei ist es nicht bewiesen, dass er da ein Messer bei sich hatte», so der Anwalt. Zudem sei der Vorsatz nicht bewiesen. Und: Pornokonsum sei definitiv nicht als Vorbereitungshandlung zu werten. Deshalb sei auch hier ein Freispruch auszusprechen.
Fünfter Vorwurf «gestanden»
Den fünften Vorwurf, den Angriff auf eine Frau im Wald bei der Kanti in Olten, habe sein Klient gestanden, sagt der Verteidiger. Es sei jedoch im besagten «Bann» gewesen.
Vierter Angriff «erstellt»
Der vierte Vorwurf bezüglich der Frau an der Aare in Obergösgen sei erstellt. Es könne jedoch nicht vom Schlimmsten ausgegangen werden, sagt der Anwalt von Kevin D.
Dritter Angriff soll Kevin D. gewesen sein
Zum dritten Vorwurf, dass Kevin D. - ebenfalls in Trimbach - eine Frau angegriffen haben soll, sagt sein Verteidiger aufgrund der vorgefundenen DNA: «Beim Täter wird es sich um meinen Klienten gehandelt haben.» Ob jedoch ein Vorsatz vorgelegen habe, könne nicht bewiesen werden. Es sei zu keiner relevanten Einwirkung auf das Opfer gekommen. Darum sei die Schwelle vom Versuch noch nicht erfüllt, und auch hier ein Freispruch zu erfolgen.
Auch beim zweiten Vorwurf fordert Verteidiger Freispruch
Beim zweiten Vorwurf, ebenfalls in Trimbach, stellt der Anwalt des mutmasslichen Täters unter anderem die Glaubwürdigkeit der Geschädigten in Frage. Sie habe unter anderem seinen Klienten nicht gesehen und ihn bei einer Gegenüberstellung auch nicht erkannt. «Mutmassungen sind nur persönliche Meinungen», so der Anwalt von Kevin D. weiter. Und der, der sie angemacht habe, habe gleich wieder von ihr abgelassen. Und: Der Sachverhalt sei nicht erstellt. Deshalb fordert er auch hier einen Freispruch.
Es ist eine schwerwiegende Frage, mit der sich das Gericht in Olten SO am Montag befassen musste: Ist Kevin D.* (40), der mutmassliche Serientäter, schuldfähig oder nicht?
Sicher ist: Der arbeitslose Schweizer ist angeklagt, in der Region im 2020 einen Mann und sechs Frauen sexuell und tätlich angegangen zu haben. Am Ende wurde Kevin D. gefasst, nachdem er in einem Waldstück in Olten eine 14-Jährige mit sechs Messerstichen niedergestochen und sich an ihr vergangen haben soll.
Es passierte am 29. November 2020. Als er sie um Feuer bat, soll D. unvermittelt ein Japanmesser hervorgezogen und mehrfach von oben auf das Mädchen eingestochen haben. Sie soll sich gewehrt haben, dann aber ging sie zu Boden und blieb auf dem Rücken liegen.
Anschliessend soll D. sie weiter in den tiefen Wald gezogen haben. «Hilfe, was wänd Sie vo mir?», fragte die 14-Jährige dabei ihren Peiniger. Er antwortete: «Sex, Sex.» Auf weitere Details verzichtet Blick aus Rücksicht auf das Opfer. Schliesslich stellte sich das Mädchen tot – woraufhin Kevin D. abhaute.
Im Gericht sass Kevin D. am Montag in Fussfesseln. Er wirkte müde und sah zerzaust aus.
Es kommt aus, dass die Staatsanwaltschaft auf Schuldunfähigkeit plädieren wird. Der Beschuldigte selber wollte nichts zu den Vorwürfen sagen. Vielmehr jammerte er. «Es geht mir schlecht», sagte D. Aber heute, ohne Kiffen und Kokain, laufe es besser. Nun sei er in einer geschlossenen Massnahmenanstalt und mache eine Therapie. Er gibt zu, dass er Schizophrenie hat. Aber: «Ich habe meinen freien Willen.» Also doch schuldfähig?
Die Gutachterin kommt zum Schluss, dass bezüglich möglicher Delikte eine hohe Rückfallgefahr bestehe. Doch auch sie sieht bei D. keine Schuldfähigkeit. Dabei soll Kevin D. seit 2019 auf öffentlichen Strassen, bei Autos, an der Aare und in Wäldern immer wieder zugeschlagen haben.
Für die Opfer-Anwälte ist deshalb klar: Ihre Klienten können nicht mit einer Schuldunfähigkeit leben. Sie forderten deshalb ein zweites Gutachten ein. Vergebens.
Der Staatsanwalt sagt, dass Kevin D. «egoistisch und besonders skrupellos» gehandelt habe. Er habe die 14-Jährige zum Sterben im Wald zurückgelassen. Der versuchte Mord sei eindeutig erfüllt. Dennoch plädierte auch er auf Schuldunfähigkeit. Statt in den Knast soll Kevin D. eine stationäre therapeutische Massnahme für die vorläufige Dauer von fünf Jahren erhalten.
Der Verteidiger von Kevin D. forderte teils Freisprüche und ebenfalls eine Verurteilung zu einer Massnahme.
Ob es das Gericht auch so sieht? Das Urteil soll am 11. November 2024 folgen.
* Name geändert