Im Inserat in der Datenbank des RAV werden «Telefonistinnen/Lebensberaterinnen für TV-Sendung» gesucht. Susanne Müller* (41) fühlt sich angesprochen. Die gelernte Detailhandelsangestellte ist auf Stellensuche. In einem dreitägigen Seminar in Egerkingen SO lernt die Arbeitslose ihren künftigen Chef kennen: Martin Rissi alias Elomin.
Der selbsternannte Geistheiler legt auf dem Privat-TV-Sender «Schweiz 5» Karten, betet und bietet Fernheilungen an. Für 4.50 Franken pro Minute. 90 Rappen davon sollen die Telefonistinnen erhalten.
Wahrsager Elomin rechnet vor, dass mit solchen Sendungen viel Geld zu holen ist. Konkurrent Mike Shiva verdiene im Monat bis zu 250000 Franken. Susanne Müller unterschreibt den Vertrag: «Ich dachte, wenn ich nur einen kleinen Teil des versprochenen Geldes kriege, ist es ein toller Job. Ich sollte mit Kartenlegen viel Geld verdienen.»
Nun hält sich die 41-Jährige in ihrer Wohnung in einer Aargauer Gemeinde täglich bereit: Die Elomin-Karten auf dem Tisch, das Telefon neben sich. Doch es bleibt stumm. «Gerade mal zwei Anrufe hatte ich letzten Monat», klagt Müller.
Ihrer Kollegin Rita Huber* gehts noch dreckiger: Bei ihr hat das Telefon nie geklingelt. «So habe ich mir das nicht vorgestellt. Dieser Zustand macht mich fix und fertig», so die Mutter einer 15-jährigen Tochter.
Alles ist korrekt, meint der Wunderheiler. «Im Arbeitsvertrag steht, dass meinen Angestellten pro Minute 90 Rappen bezahlt werden. Wenn jemand keine Anrufe bekommt, kriegt er halt auch kein Geld. Es gibt keine Fixlöhne», so Elomin.
Martin Rissi scheint da etwas zu verwechseln: Statt seinen Angestellten einen Lohn zu zahlen, verlangt er von ihnen sogar noch Geld: 500 Franken fürs Einführungsseminar, 75 Franken für einen obligatorischen Schmuckkurs und 200 Franken fürs Kartenset.
Elomins Arbeitsvertrag sei missbräuchlich, sagt der Basler Arbeitsrechtsexperte Matthias Häuptli. «Wenn jemand für telefonische Beratung angestellt wird und sich dafür permanent bereit halten muss, muss der Arbeitgeber entweder einen angemessenen Fixlohn zahlen oder dafür sorgen, dass so viele Telefonate vermittelt werden, dass man damit auf einen angemessenen Lohn kommt», so der Rechtsanwalt.
Susanne Müller und Rita Huber haben jetzt gekündigt. «Es nervt mich, dass ich auf so einen reingefallen bin», sagt Müller.
Immerhin: Beim Basler RAV, das Rita Huber an Wunderheiler Elomin vermittelt hat, sieht man den Fehler ein: «Solche Arbeitsbedingungen sind unzumutbar», sagt Hansjürg Dolder, Leiter des Basler Amts für Wirtschaft und Arbeit. Und: «Wir prüfen, ob wir die Inserate dieses Herrn künftig ablehnen werden.»
* Namen von der Redaktion geändert