Beim ungeklärten Vierfachmord von Rupperswil AG kann oder will die Staatsanwaltschaft viele offene Fragen nach wie vor nicht beantworten. Etwa, ob Carla Schauer (†48) am Morgen des 21. Dezembers 2015 alleine oder mit der Täterschaft in ihrem schwarzen Audi A3 zu zwei Banken fuhr.
Zudem ist offen, ob Schauer und der oder die Mörder bei den Fahrten gefilmt wurden. Ausser jenem Fahndungsfoto aus der Aargauischen Kantonalbank in Wild-egg AG gibt es bis dato kein weiteres Bildmaterial. Unklar auch, ob die zwei Männer mit Schnittverletzungen, die sie sich offenbar in einer Apotheke in Wohlen AG verarzten liessen, etwas mit der Tat zu tun haben.
BLICK rekonstruiert die letzten Stunden der Mutter in der Öffentlichkeit, die mit ihren Söhne Davin (†13) und Dion (†19) sowie dessen Freundin Simona F.* (†21) brutal in ihrem Haus getötet wurden.
1. Carla Schauer muss beim Tatort, dem zweiten Reiheneinfamilienhaus, schon nach wenigen Metern rechts abbiegen, um in Richtung der ersten Bank zu fahren. An jenem Morgen hat sie dabei keiner gesehen. Aber: Jemandem soll dort ein fremder heller Kleinwagen aufgefallen sein. Wer ihn sah und welches Modell es war, sagt die Staatsanwaltschaft nicht. Sie sucht nun öffentlich nach diesem Fahrzeug.
2. Im Spitzbirrli-Quartier gibt es bei Häusern und Firmen einzelne Kameras. Aber sie sind nur auf Privat-Areale gerichtet.
3. Nach ein paar Hundert Metern muss Carla Schauer erneut rechts abbiegen.
4. Sie gelangt an einen Kreisel, muss die dritte Ausfahrt nehmen und zwei Mal rechts abbiegen, um dann zur Hypothekarbank Lenzburg in Rupperswil zu kommen.
5. Es ist 9.50 Uhr, als Schauer am Bancomaten Geld abhebt. In welcher Höhe? Dazu sagen die Ermittler nichts. Auch die Bankangestellten schweigen. Fakt ist: Hier wird Schauer gefilmt. BLICK erfährt: Auf dem Ausschnitt soll nur sie zu sehen sein. Ob die Täter auf dem Parkplatz warteten? An der Fassade der nahen Schule ist eine Videokamera angebracht. Ob sie bis zur gegenüberliegenden Bank reicht oder ihr Radius auf nahe Bewegungen beschränkt ist, weiss nur die Polizei.
6. Schauer fährt weiter in Richtung Wildegg. Auf dieser Strecke hat es wieder Kameras an diversen Gebäuden. Aber auch hier: Entweder sind es Attrappen oder sie zeigen bloss private Areale. Suchte die Polizei deshalb später per Aufruf nach Dashcam-Aufnahmen vorbeifahrender Autos?
7. Kurz vor Wildegg hat es auf der rechten Seite ein Waldstück. Laut Staatsanwaltschaft liegen zwischen den beiden Bank-Abbuchungen zwanzig Minuten. Die Strecke zwischen der Hypothekarbank in Rupperswil und der Kantonalbank in Wildegg ist mit dem Auto aber viel schneller zu meistern. Musste Schauer hier ihren Wagen anhalten, um sich mit dem Täter oder den Tätern zu besprechen?
8. In Wildegg geht Schauer um 10.10 Uhr in die Aargauische Kantonalbank. BLICK weiss: Ihr Freund (47), der in einer anderen Filiale der Bank arbeitet, soll zur gleichen Zeit in Aarau an einer Filialleiter-Sitzung gewesen sein. Seine Freundin hebt erneut Geld ab – nun sogar direkt am Schalter. Wieder wird sie gefilmt. Hinter ihr stehen zwei Personen. Eine davon greift auffällig mit seiner Hand in eine bunte Umhängetasche. Warum fahndet die Staatsanwaltschaft ausgerechnet mit diesem Foto? Keine Angaben. Genauso wenig wie über die Gesamthöhe der beiden Abbuchungen. BLICK trifft den Bankangestellten, der Schauer am Tattag bediente. Auch er darf nichts sagen.
9. Nachdem Carla Schauer zurück in ihrem Haus ist, wird sie getötet. Die Täter könnten über die A1 zu einer Apotheke nach Wohlen geflüchtet sein – das behaupten zumindest zwei Regional-TV-Sender. Auf dem Weg dahin könnten sie von einer Autobahn-Kamera gefilmt worden sein. Aber: Die machen nur Live-Bilder, archivieren keine Aufnahmen.
10. Bei der Apotheke hat es nirgends Kameras. Als BLICK dort mehr über die beiden mysteriösen Männer und mögliche Spuren erfahren will, sagt die Verantwortliche nur: «Keine Auskunft!»
* Name der Redaktion bekannt