Der Horror von Rupperswil AG nimmt kein Ende. Am Montag findet die Feuerwehr in einem Haus im Spitzbirrli-Quartier die Leichen einer Mutter (†48) ihrer zwei Söhne (†13 und †19) und der 21-jährigen Freundin des älteren Jungen. Sie sind zum Teil stark verkohlt und weisen Schnitt- und Stichverletzungen auf. Wie BLICK weiss, war mindestens eines der Opfer gefesselt und geknebelt.
Zwei Tage später veröffentlicht die Polizei ein Bild der ermordeten Mutter und nennt ihren Namen: Carla Schauer. Sie hob an ihrem Todestag an einem Automaten und in einer Bank Geld ab – nur eine knappe Stunde bevor Nachbarn wegen des Brandes Alarm schlugen. Wurde sie erpresst, während ihre Familie in der Gewalt der Täterschaft war?
Professor Michael Soyka, Direktor der Psychiatrischen Klinik in Meiringen BE, ordnet die Tat - soweit zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt möglich – für BLICK ein.
Die vier Opfer von Rupperswil wiesen Stich- und Schnittverletzungen auf. Drei der Opfer waren erwachsen. Schafft das ein einzelner Täter überhaupt?
Grundsätzlich kann man mit einem Messer mehrere Menschen relativ schnell umbringen. Es ist möglich, aber es ist ganz sicher nicht einfach. Erwachsene fliehen, setzen sich zur Wehr. Das und die neusten Erkenntnisse der Polizei sprechen eher für mehrere Täter, oder sehr planvolles Vorgehen. Vier Opfer im Affekt umzubringen, ist zudem eher ungewöhnlich. Ich glaube nicht, dass ein plötzlicher Streit zur Tat geführt hat.
Was sagt die Tatwaffe - vermutlich ein Messer – über die Täterschaft aus?
Eine Stichwaffe setzt Brutalität und Kaltblütigkeit voraus. Der direkte Kontakt mit dem Opfer ist vorausgesetzt. Man muss zustechen können – auch mehrfach. Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist die Hemmschwelle natürlich noch höher. Das erfordert ein hohes Mass an Aggressivität und Entschlussfreudigkeit.
Wie BLICK weiss, war mindestens eines der Opfer gefesselt und geknebelt. Vermutlich das Kind.
Das unterstreicht meine Theorie, dass es keine Tat im Affekt war. Eine gewisse Planung und Rationalität ist Voraussetzung für dieses Handeln – auch eine gewisse Grausamkeit. Auf mich wirkt es nicht wie die Tat eines psychisch Kranken. Viel eher wie ein lupenreiner Mord.
Denken Sie, dass die Morde von Anfang an geplant waren?
Das weiss ich nicht. Doch es stellt sich als ein komplexes und über einen relativ langen Zeitraum sich erstreckendes Tatgeschehen dar. Das spricht sicherlich nicht für eine erhebliche Verwirrung des oder der Täter.
Der Killer oder die Killer haben nach der Tat ein Feuer gelegt, nur um Spuren zu verwischen?
Brandlegungen nach Gewalttaten sind nicht ungewöhnlich – fast ausschliesslich um Spuren zu verwischen. Ein Exzess des Täters vermute ich nicht. Wiederum ist der Akt geplant und kaltblütig. Der Täter ist nicht überstürzt geflohen. So schnell legt man kein Feuer und so schnell verkohlen Leichen auch nicht. Der Täter hat ziemlich sicher einen Brandbeschleuniger eingesetzt.
Es hat Befragungen im Umfeld der Opfer gegeben. Festnahmen gab es jedoch nicht. Laut Staatsanwaltschaft wird in alle Richtungen ermittelt. Es muss sich also nicht zwingend um ein Familiendrama handeln.
Der grosse Unbekannte, der in ein Haus eindringt und Menschen wahllos umbringt? Das ist ausgesprochen selten, gerade in unseren Breitengraden. Wir kennen das aus den USA. Und selbst da ist in den meisten Fällen eine Schusswaffe im Spiel. Für mich sieht es eher nach einem Racheakt oder persönlichem Motiv – eventuell auch nach einem Akt mit kriminellem Hintergrund aus.
Eine öffentliche Fahndung nach dem Täter gibt es nicht. Offensichtlich haben die Behörden keine heisse Spur. Warum wird die Bevölkerung nicht gewarnt?
Die Bevölkerung kann man nur warnen, wenn man weiss, vor wem man warnt. In diesem Fall wird das schwierig.