Der Aargauer Kris V.* (25) hat 2009 die damals 17-jährige Vietnamesin Boi Ngoc Nguyen in Sessa TI mit einem Holzscheit brutal ermordet – weil sie «zu viel geredet» habe, wie er damals sagte. 2013 wurde er für seine Tat vom Jugendgericht Baden zu vier Jahren Knast und anschliessender geschlossener Unterbringung verurteilt – die Höchststrafe für minderjährige Täter.
Jetzt ist der Killer wieder frei. Per Entscheid vom 28. Juni 2018 wurde die fürsorgerische Unterbringung von Kris V. aufgehoben. Und das obwohl noch immer von einem «geringen Gefährdungsrisiko für Dritte» die Rede ist. Der forensische Psychiater Thomas Knecht (60) ist Leitender Arzt der forensischen Psychiatrie am Psychiatrischen Zentrum Appenzell Ausserrhoden in Herisau sowie ein renommierter Schweizer Gerichtspsychiater. Er schätzt den Beschluss im Fall Kris V. für BLICK ein.
BLICK: Der verurteilte Straftäter Kris V. (25) wurde aus der fürsorgerischen Unterbringung entlassen. Was halten Sie davon?Thomas Knecht: Die Freilassung von Kris V. ist ein dosiertes Risiko, das das System eingeht, in der Hoffnung, dass er irgendwann kein Risiko mehr für Dritte darstellt.
Noch im Jahr 2016 wurde der Boi-Killer als «gefährlich» eingestuft, war zudem mit Hilfe seiner Mutter aus der Klinik Königsfelden in Windisch AG geflohen. Jetzt wurde ihm ein «nur noch geringes Gefährdungsrisiko gegenüber Dritten» attestiert. Ist es realistisch, dass er sich innert zwei Jahren derart gebessert hat?
Augenscheinlich hat er die Kriterien sehr rasch erfüllt, die ihm die Entlassung ermöglicht haben. Der Therapieerfolg bei Kris V. in nur zwei Jahren ist rekordverdächtig. Aber nur die Erfahrung kann zeigen, ob die Beurteilung zu optimistisch war oder aber eine therapeutische Spitzenleistung ist.
Wie wird das Leben für den Boi-Killer jetzt weitergehen?
In Fällen wie jenem von Kris V. wird der verurteilte Straftäter, auch wenn er jetzt wieder auf freiem Fuss ist, noch weiter überprüft. Es wird etwa die Drogenabstinenz mit Urin- und Haarproben überprüft. Zudem findet eine persönliche, psychiatrische Weiterbetreuung statt. Eine allfällige existenzielle Not birgt die Gefahr, dass ein verurteilter Straftäter wie Kris V. wieder zum Risiko werden könnte. Deswegen wird in einem solchen Fall oft ein Beistand bestimmt, der den gesamten Zahlungsverkehr regelt, um so die mögliche Gefahr einer erneuten Gewalttat dahingehend zu minimieren.
*Name der Redaktion bekannt