Gut organisiert und ohne Skrupel: Einbrecherbanden treiben in der Schweiz ihr Unwesen. Insgesamt 36'970 Einbrüche wurden 2016 in der Schweiz verzeichnet. Jetzt warnt die Kantonspolizei Aargau vor einer drohenden Einbruchsserie in Obersiggenthal AG. Sie ruft die Einwohner zu erhöhter Wachsamkeit auf. Alleine in diesem Jahr wurden in der Gemeinde (8626 Einwohner) gut ein Dutzend Einbrüche gemeldet.
«Wir wollen den Obersiggenthalern damit keine Angst machen, sondern sie sensibilisieren», sagt Roland Pfister, Sprecher der Kantonspolizei Aargau zu BLICK. Grund für die Warnung ist ein von der Kriminalprognose-Software PRECOBS ausgelöster Alarm, wie Pfister bestätigt. Das Programm ist bei der Kantonspolizei Aargau seit Anfang 2015 im Einsatz und mittlerweile ein fester Bestandteil der polizeilichen Präventionsarbeit. Die Software arbeitet mit den in den letzten drei Jahren erfassten Einbruchsdelikten. Basierend auf statistischen Daten, Wahrscheinlichkeiten und dem Modus Operandi wird dann ein entsprechender Alarm ausgelöst.
«Operierende Banden aus dem osteuropäischen Raum»
«PRECOBS ist kein Wundermittel», so Pfister: «Damit werden keine Straftaten verhindert.» Jedoch können aufgrund der Software-Informationen Polizei-Patrouillen noch gezielter zum Einsatz gebracht werden – so auch in Obersiggental. «Wir haben derzeit eine verstärkte Polizei-Präsenz vor Ort», sagt Pfister. Dass PRECOBS Alarm geschlagen hat, ist auf das sogenannte «Auslöse-Delikt», in diesem Fall ein Einbruch am letzten Freitagabend, zurückzuführen.
Die Täter haben sich laut Pfister über eine Balkontüre Zutritt zu einem Einfamilienhaus in Obersiggenthal verschafft. Dort entwendeten sie Bargeld und Schmuck. «Bei den Einbrechern die in der Schweiz unterwegs sind, handelt es sich vor allem um Banden aus dem osteuropäischen Raum, die Serien-Delikte verüben», sagt Pfister.
«Sachschaden oft höher als Beute»
«Der entstandene Sachschaden bei Einbrüchen ist meistens höher als die Beute selbst», so Pfister. Für kriminell organisierte Banden ist laut Pfister die Enkeltrickbetrüger-Branche weitaus lukrativer. Die Täterschaft verlagert ihre kriminellen Machenschaften, womit es zunehmend schwieriger werde, sie zu fassen.
«Obersiggenthal ist seit Jahren ein Hotspot für Einbrecher. Die Autobahn A1 ist für die Einbrecher als Fluchtroute ideal», erklärt Pfister. Auch beliebt bei Einbrechern sei die Achse Zofingen–Oftriken–Rothrist, ebenfalls an der A1 gelegen. Die Polizei rät, verdächtiges Verhalten oder ungewöhnliche Beobachtungen direkt zu melden. Präventiv sollten Leute, wenn sie das Haus verlassen, das Licht brennen lassen, um bei potenziellen Einbrechern einen «belebten Eindruck» zu erwecken. «Türen und Fenster sollten immer geschlossen werden», so Pfister.
Eine disziplinenübergreifende Taskforce aus Ermittlern, Analysten und Forensikern hat sich in den letzten vier Jahren die Bekämpfung der Einbruchskriminalität im Kanton Aargau zur obersten Priorität gemacht. Der Jahresbericht «Polizeiliche Sicherheit Kanton Aargau» 2016 bestätigt den Erfolg dieser Bestrebungen: Ein Rückgang von 11,7 Prozent im Vergleich zu 2015 konnte verzeichnet werden. So wurden der Polizei im letzten Jahr insgesamt 1729 Einbruchdiebstähle gemeldet. 229 Straftaten weniger als noch 2015.
«Verhinderung statt Aufklärung»
Die Aufklärungsquote der Kantonspolizei Aargau in puncto Einbrüche lag im letzten Jahr bei 14,9 Prozent und somit über dem schweizweiten Durchschnitt von 12 Prozent. Trotzdem ist die Aufklärungsquote besonders niedrig. «Die Polizeidichte in Deutschland ist fast fünfmal so hoch und somit auch die Aufklärungsrate», sagt Pfister. «Oberstes Ziel der Kantonspolizei ist es, die Einbruchskriminalität weiter zu senken.» Das Credo der Kantonspolizei Aargau: «Verhinderung statt Aufklärung». Die Prognose für das laufende Jahr sehe einen erneuten Rückgang bei den Einbrüchen «im Rahmen des Vorjahres» vor.
Auch schweizweit betrachtet war die Zahl der Einbrüche im Jahr 2016 im Vergleich zu den Vorjahren rückläufig. Explizit fand ein Rückgang von 11 Prozent statt. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor. Noch vor fünf Jahren, 2012, wurden in der Schweiz täglich 201 polizeilich registrierte Einbrüche vermeldet. Im Jahr 2016 wurden im Schnitt pro Tag noch 127 Einbrüche zur Meldung gebracht.