Für die Beurteilung von Hafterleichterungen brauche es die Liste nicht, befanden die Richter. Das Kriterium der medialen Aufmerksamkeit sei «untauglich» und «sachfremd». Das Obergericht wies die Behörden an, die zwei Beschwerdeführer von der sogenannten Watchlist zu streichen.
Der Kanton Bern geht nun einen Schritt weiter, er schafft gleich die ganze Liste ab. Ab 2018 habe man sowieso auf sie verzichten wollen, teilte die Polizei- und Militärdirektion am Montag mit. Denn per 1. Januar werden die Hafterleichterungen nach einem neuen Risikomanagement beurteilt.
Neue Risikobeurteilung
Künftig werden alle Fälle mit hohem Risikopotenzial für erneute schwere Gewalt- und Sexualdelikte von einer speziellen Stelle im Amt für Justizvollzug beurteilt. Die Zustimmung des Amtsleiters braucht es nur dann, wenn die Empfehlungen nicht im Einklang mit der Fachkommission des Strafvollzugskonkordats Nordwest- und Innerschweiz stehen.
Der Amtsleiter sprach bislang automatisch mit, wenn es um Vollzugslockerungen für einen Häftling von der Watchlist ging. Auf der Liste waren die Namen von verwahrten Häftlingen und anderen Risikotätern, die mit ihrem Delikt Schlagzeilen gemacht hatten.
Nur Kanton Bern kannte Watchlist
Die Gefangenenorganisation Reform 91 kritisierte die Watchlist seit Jahren: Ob Medien über einen Straffall berichtet hätten, sage nichts über die Gefährlichkeit des Täters aus.
Ähnlich beurteilt es das Obergericht in dem einen Urteil, das der Nachrichtenagentur sda vorliegt. «Wäre die Watchlist zur Erfüllung der gesetzlichen Vollzugsaufgaben zwingend erforderlich, würden auch andere Kantone derartige Listen führen.» Soweit dem Gericht bekannt sei, gebe es aber nirgendwo sonst eine solche Liste. (SDA)