Nach sechsjähriger Untersuchung der Pleite einer Aargauer Luxusauto-Firma hat die Staatsanwaltschaft den Schweizer Riccardo S.* (46) angeklagt. Dem einstigen Betreiber der SAR premium cars AG in Dintikon AG wird Misswirtschaft, gewerbsmässigen Betrugs und mehrfacher Veruntreuung zur Last gelegt.
Doch er zeigt sich keinesfalls geständig, wie die Aargauer Staatsanwaltschaft am Montag mitteilt. Der Strafantrag für den 46-Jährigen wird an der Hauptverhandlung am Bezirksgericht Lenzburg gestellt.
SAR machte langfristig hohe Verluste
Riccardo S. hatte eine Garage, die seit 2007 äusserst günstige und flexible Autoleasings anbot. Die meisten Leasings waren über die damalige Fidis Finance (Suisse) SA abgeschlossen worden.
Wegen der für die Kunden sehr vorteilhaften Leasingkonditionen konnte die SAR zwar sehr viele Kunden gewinnen, erlitt aber gemäss Staatsanwaltschaft langfristig hohe Verluste, wenn sie nach Beendigung des Leasings das Fahrzeug von Fidis zurückkaufen musste.
Die andauernden Verluste hatten zur Folge, dass die SAR ab Ende 2010 den Geschäftsbetrieb nur noch weiterführen konnte, weil Fidis Rückzahlungsverpflichtungen der SAR aufschob. Es gab die Hoffnung, die SAR könne so saniert werden.
Fahrzeuge abtransportiert
Ende Mai 2011 liess Fidis alle Fahrzeuge vom Verkaufsplatz der SAR abtransportieren und reichte daraufhin Strafanzeige gegen den Beschuldigten ein. Kurz darauf wurde über die SAR der Konkurs eröffnet (BLICK berichtete).
Die Staatsanwaltschaft wirft Riccardo S. vor, dass er durch sein Geschäftsmodell die Überschuldung der SAR bis spätestens per Ende 2009 und die Zahlungsunfähigkeit bis spätestens Ende 2010 herbeigeführt hatte.
Dies erfülle den Tatbestand der Misswirtschaft. Er soll auch die Buchhaltung der SAR gefälscht haben, um die schlechte finanzielle Lage der Firma zu verbergen.
Deliktsbetrag von über 17 Millionen Franken
Im Zusammenhang mit Leasing-Fahrzeugen veruntreute der Beschuldige gemäss Anklage insgesamt 89 Fahrzeuge und beging bei 50 Fahrzeugverkäufen gewerbsmässigen Betrug. Er soll unter anderem die Rücknahme von Leasing-Autos verheimlicht und diese anschliessend verkauft haben.
In Bezug auf den gewerbsmässigen Betrug wirft die Staatsanwaltschaft dem Mann vor, Leasing-Autos gleichzeitig an zwei Leasinggesellschaften oder unter falschen Angaben von Fahrzeugdaten doppelt an die gleiche Leasinggesellschaft verkauft zu haben.
Der Deliktsbetrag aus den vorgeworfenen Veruntreuungen und Betrugsdelikten beläuft sich gemäss Staatsanwaltschaft auf über 17 Millionen Franken. Weiter wirft die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten vor, in 191 Fällen Urkundenfälschung begangen zu haben.
Akten füllen 376 Bundesordner
Die Untersuchung der Pleite der Luxusauto-Firma überlastete zeitweise die Staatsanwaltschaft. Der Grosse Rat hatte im März 2012 einen Kredit von 3,4 Millionen Franken bewilligt, um acht zusätzliche Stellen für die Dauer von drei Jahren zu schaffen.
Die Strafuntersuchung war enorm aufwändig, auch weil teils schweizweit bekannte Personen zu den Kunden gehörten. In akribischer Kleinarbeit mussten hunderte Autoverkäufe rekonstruiert werden.
Die Verkäufe seien in den Geschäftsunterlagen der SAR schwer nachvollziehbar, unvollständig, falsch oder gar nicht dokumentiert gewesen, hält die Staatsanwaltschaft fest. Die Verfahrensakten füllen insgesamt 376 Bundesordner, und die Anklageschrift zählt 355 Seiten. (SDA/rad)
*Name der Redaktion bekannt