Manipulierte Rechnungen an Spitälern
Politiker fordern Entlassung der Trick-Ärzte

An beiden Aargauer Kantonsspitälern haben Chefärzte systematisch falsch abgerechnet. Konsequenzen hat das kaum. Bei manchen Politikern stösst das auf Unverständnis.
Publiziert: 31.08.2018 um 17:21 Uhr
|
Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:40 Uhr
1/6
Chefarzt Hans K. manipulierte über 500 Abrechnungen.
Foto: Zvg

Über 500-mal steht der Name des Leiters der Gefässmedizin am Kantonsspital Aarau, Hans K.*, auf einer Rechnung, obwohl der Arzt die Leistungen nicht selbst erbracht hat. Das machte die «Aargauer Zeitung» publik.

Die Chefärzte am Kantonsspital Aarau beziehen rund die Hälfte ihres Lohns aus sogenannten Honorarpools, in die beträchtliche Erträge aus den ärztlichen Leistungen fliessen. Der betreffende Chefarzt liess sich mit Hilfe der manipulierten Rechnungen aus diesen Honorarpools entlöhnen, auch wenn er abwesend war.

«Fristlos ist das Minimum»

Betrug? Die Staatsanwaltschaft befindet nein. Das Verhalten des Chefarztes sei nicht strafrechtlich relevant. Ein Verfahren wird keines eröffnet. Die Sanktionen der Spitalleitung sind äusserst milde: Hans K. kassiert eine Verwarnung und muss einen vierstelligen Betrag zurückzahlen. Der Aargauer FDP-Nationalrat Matthias Jauslin ist sauer. «Verwarnung und Rückzahlung ist ja lächerlich. Fristlos ist das Minimum», schreibt er auf Twitter.

Jauslin präzisiert gegenüber der «Aargauer Zeitung»: «Wenn ein Arzt mehr als 500-mal falsch abrechnet, steckt wohl mehr dahinter als einfach falsche Buchungen.» Sollten die Vorwürfe zutreffen, ist die Reaktion des Spitals aus Jauslins Sicht viel zu mild. «Eine Verwarnung und die Rückzahlung des Fehlbetrags ist keine echte Sanktion, sondern nur eine Wiedergutmachung.»

Dass ein solches Verhalten keine gravierenderen Folgen hat, will der FDP-Nationalrat nicht gelten lassen. «Es darf aus meiner Sicht nicht sein, dass ein Chefarzt, der ohnehin schon ein sehr hohes Salär bezieht, das Vertrauen des Arbeitgebers und des Steuerzahlers missbraucht», sagt Jauslin.

«Schwarze Schafe und untragbar»

Jean-Pierre Gallati, Fraktionschef der SVP im Grossen Rat, hat bereits im März vermutet, dass am Kantonsspital Aarau getrickst wird. Er reichte deshalb einen Vorstoss zu möglichen Honorarmanipulationen ein. Jetzt ist alles noch viel schlimmer: Denn auch am Kantonsspital Baden hat ein Chefarzt falsch abgerechnet – Orthopäde Kaya T.* wurde ebenfalls verwarnt und muss 45'000 Franken zurückzahlen. «Jetzt braucht es Führung», sagt Gallati. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung müssten die beiden Fälle vollständig aufklären und dann aufräumen. «Aber richtig.» Für den SVP-Grossrat ist klar: «Die beiden fehlbaren Chefärzte sind schwarze Schafe und untragbar.»

Der Aarauer GLP-Grossrat Adrian Bircher kritisiert den Umgang des Kantonsspitals Aarau mit der Affäre scharf: Dass entweder Schaden für den Kanton und damit den Steuerzahler als Eigentümer des Spitals oder für eventuell geprellte Assistenz- und Oberärzte des Chefarztes entstanden sei, werde verschwiegen. «Ich hoffe, dass der Regierungsrat endlich einschreitet», sagt Bircher. «Sonst wird wohl der Grosse Rat nicht zögern, mittels Geschäftsprüfungs- oder Gesundheitskommission tätig zu werden.»

Vorstoss im Nationalrat

Zu denken gibt der Manipulationsfall am Kantonsspital Aarau auch BDP-Nationalrat Bernhard Guhl. «Würden die Leistungserbringer sich ans Gesetz halten und den Patienten Rechnungskopien zustellen, dann würde vermutlich noch viel mehr zum Vorschein kommen», sagt Guhl. Der Nationalrat hat einen entsprechenden Vorstoss eingereicht. Er will dafür sorgen, dass das Bundesamt für Gesundheit die Kompetenz hat, Sanktionen gegen Leistungserbringer zu verhängen, die keine Rechnungskopien an Patienten schicken.

Laut Guhl werden heute die meisten Rechnungen direkt an die Krankenkassen geschickt. Der Nationalrat will mit seinem Vorstoss dafür sorgen, dass Patienten erkennen könnten, ob der Arzt, dessen Name auf der Rechnung steht, sie auch tatsächlich behandelt hat. (noo)

* Namen geändert

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?