Es ist kurz vor 8.30 Uhr, als Daniela M.* (26) am Mittwoch in Burgdorf BE zum Regionalgericht Emmental-Oberaargau läuft – mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Drinnen wirds allerdings ernst, denn: Die Staatsanwaltschaft ist sicher, dass die Maschinistin ihre Hunde Franky (6 Monate), Dart (5) und Hidalgo (5) im Februar 2018 in Rohrbach BE getötet hat.
Dafür hatte Daniela M. bereits einen Strafbefehl erhalten. Darin warf ihr die Staatsanwaltschaft vor, dass sie ihren Hunden «Rattengift, Rasierklingen und Stecknadeln verfütterte». Der Verdacht der Anklage: Daniela M. wollte sich nur bereichern! Nach dem Tod ihrer Hunde machte sie einen Spendenaufruf, um ihre Tierarztrechnungen zu zahlen. Immerhin nahm sie damit 19'000 Franken ein.
«Vorspielen der Rolle als Opfer»
Gegen den Strafbefehl legte Daniela M. Einsprache ein, musste deshalb am Mittwoch vor Gericht antraben. Dort kommt aus: Die 26-Jährige hatte 38‘000 Franken Schulden, als ihre Hunde starben. Bei der Befragung vor Gericht sagt Daniela M., dass es Situationen gebe, «wo alles wieder hochkommt». Bei ihren Aussagen bleibt sie aber gefasst.
Sie versucht die offenen Fragen vor Gericht zu beantworten. Zum Beispiel, warum sie mit ihren plötzlich kranken Hunden nicht sofort in die Tierklinik gegangen ist. «Wegen dem Finanziellen», sagt sie. Erst am nächsten Abend ging sie dann in die Klinik. Zur Tatsache, dass man sogar mal bei ihrem Vater im Essen, das sie ihm brachte, eine Stecknadel fand, kann Daniela M. keine Erklärung liefern.
Sie verwendete Spendengeld für Auto-Reparatur
Vor Gericht kommt ebenfalls aus, dass Daniela M. einen Teil der Spenden für die Reparatur ihres Autos verwendete. Sie beteuert: «Es waren nur 1000 Franken, die ich dann wieder zurück getan habe zum Spendengeld.» Ein weiteres Indiz, das gegen Daniela M. spricht: Ihr wurde kurz vor dem Tod ihrer Hunde die Wohnung gekündigt – Nachbarn hatten sich wegen des Hundegebells beschwert.
Zudem sei Daniela M., so die Rechtsanwältin des kantonalen Veterinärdienstes weiter, nach dem Tod ihrer Hunde zuerst an die Öffentlichkeit gegangen und habe Geld gesammelt, bevor sie von der Polizei aufgesucht worden sei. An der Aufklärung des Falles sei sie aber nicht wirklich interessiert gewesen, sei nicht kooperativ mit den Beamten gewesen. Fakt sei, so die Rechtsanwältin weiter: «Der Tod ihrer Hunde hat sich für sie finanziell gelohnt.»
«Gibt keinen Beweis!»
Der Anwalt von Daniela M. holt zum Gegenschlag aus. Er spricht von «unerhörten Anschuldigungen» und einem «abartigen Vorwurf». Seine Klientin sei das Opfer und: «Es gibt keinen einzigen Beweis, der die Vorwürfe belegen würde.»
Zudem sei die Idee mit dem Spendenaufruf von jemandem der Tierklinik gewesen, so der Anwalt von Daniela M. Hinzu komme, dass die Polizei bei der Hausdurchsuchung bei seiner Klientin nichts gefunden habe und später nicht mal alle Nachbarn befragt hätte. Daniela M. nennt vor Gericht – auch zum Erstaunen des Gerichtspräsidenten – zum allerersten Mal im Verfahren zwei Nachnamen von Männern, die sie verdächtigt.
War es doch einer der Nachbarn?
Um 14.30 Uhr fällt das Gericht sein Urteil: Freispruch für Daniela M.! Jetzt fliessen bei der 26-Jährigen die Tränen vor Erleichterung. Der Gerichtspräsident sagt: «Es wurde aufwändig ermittelt. Direkte Beweise liegen nicht vor.» Es sei auch kein Gift und keine anderen Rasierklingen bei ihr im Haushalt gefunden worden.
Doch alle Zweifel seien nicht ausgeräumt: «Man muss aber sagen, es bestehen durchaus Indizien, dass sie eben tatsächlich die Täterin gewesen sein könnte.» Vor allem ihr Aussageverhalten sei «tatsächlich merkwürdig» gewesen. Der Gerichtspräsident: «Ein Hundehalter, der drei Hunde verliert, hätte sich anders verhalten.» Allerdings sei nicht ausgeschlossen, dass die Täterschaft aus der Nachbarschaft komme.
* Name bekannt