Die Immobilienpreise schiessen durch die Decke. Wegen Corona sind Einfamilienhäuser begehrter denn je – 2020 erlebte Wohneigentum den stärksten Preisanstieg seit zehn Jahren. Wahnsinn: Selbst auf dem Land läuft unter einer Million Franken nichts mehr. So wurde unlängst zum Beispiel ein einfaches, in die Jahre gekommenes Holzhaus in Elsau ZH für 1,25 Millionen Franken angeboten.
Auch Rebekka (37) und Stefan Dermont (51) wollten sich in ihren eigenen vier Wänden niederlassen. Bei dem Angebot eines Wochenendhauses in Hornussen AG für 160'000 Franken mussten sie einfach zuschlagen! Ihr Ziel war, das bescheiden ausgestattete Holzhaus auszubauen, um dauerhaft dort wohnen zu können. Dann wollten sie eine Familie gründen. Was den beiden nicht bewusst war: Bei solchen Vorhaben ausserhalb der Bauzone ist Vorsicht geboten. Aus dem Immobilienschnäppchen kann leicht ein teurer Reinfall werden. Jetzt – zehn Jahre später – steht die Familie mit Söhnchen Arthur (5 Monate) vor dem Nichts. Das Wochenendhaus am Hang, das die Dermonts über die Jahre zum Hauptwohnsitz umgebaut haben, ist illegal.
«Einer Umnutzung schien nichts im Weg zu stehen»
Weil das Haus ausserhalb der Bauzone steht, sind die Auflagen für Baubewilligungen besonders streng. Auch eine Umnutzung zum Dauerwohnsitz ist bewilligungspflichtig. Die entsprechenden Anträge reichten die Sachbearbeiterin und der als Hausmann tätige Elektromonteur teilweise erst im Nachhinein ein. Stefan Dermont: «Ich habe mich vor dem Kauf mündlich erkundigt. Einer Umnutzung schien nichts im Weg zu stehen.»
Für Bewilligungen ausserhalb der Bauzone ist der Kanton zuständig. Einzelne Gesuche, etwa für die Erneuerung der Fassade oder des Daches sowie für den Bau eines Parkplatzes, wurden schliesslich bewilligt. Doch bei der Umnutzung kamen die Dermonts nicht weiter. Für weitere bauliche Massnahmen, so glaubte das Ehepaar, brauche es keine Bewilligungen. «Im Innern des Hauses habe ich nur Ersetzungs- und Instandstellungsarbeiten gemacht», sagt der Familienvater. «Wir haben nichts Wesentliches verändert.»
Vom Kanton als Neubau beurteilt
Felicitas Siebert, Leiterin Abteilung Baubewilligungen beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, widerspricht: «Aufgrund der Vielzahl an Baumassnahmen mussten wir das Haus als Neubau beurteilen.» Bereits 2011 hatte der Kanton ein erstes Gesuch für die Umnutzung abgewiesen. «Trotzdem gingen die Bauarbeiten weiter», sagt Siebert zu Blick. Der Eigentümer habe das Haus dann seiner Frau überschrieben. «Diese reichte abermals ein Umnutzungsgesuch ein, welches erneut abgewiesen wurde», so Siebert.
Die Dermonts zogen das Verfahren bis vor Bundesgericht weiter. Dieses wies den Kanton im Juni 2017 an, einen Gesamtentscheid zu erlassen. Ein als Neubau beurteiltes Haus ausserhalb der Bauzone in einer Schutzzone sei jedoch nicht bewilligungsfähig gewesen, sagt Siebert von der Abteilung Baubewilligungen des Kantons. «Damit wurde auch das Umnutzungsgesuch hinfällig.»
Originalzustand muss im Wesentlichen bewahrt werden
Das Raumplanungsgesetz schreibt vor, dass eine ausserhalb der Bauzone stehende Baute nicht von ihrem Originalzustand abweichen darf. Im Fachjargon spricht man vom «Referenzzustand». Das Häuschen der Familie Dermont wurde erbaut, bevor das Grundstück Bestandteil des Nichtbaugebiets war. Somit gilt als Referenzzustand der bauliche Umfang des Häuschens vom 1. Juli 1972, als mit dem Inkrafttreten des Gewässerschutzgesetzes erstmals zwischen Baugebiet und Nichtbaugebiet unterschieden wurde.
Um einschätzen zu können, was baulich möglich gewesen wäre, hätten die Dermonts vor dem Kauf den damaligen Zustand abklären müssen. Als Hauptwohnsitz wäre das Häuschen damals nicht tauglich gewesen, wie aus einer Schätzung der Aargauischen Gebäudeversicherung (AGV) hervorgeht. Das war letztendlich der Grund, weshalb der Kanton den Rückbau verfügte. Dieser Entscheid wurde im September 2020 letztinstanzlich vom Bundesgericht gestützt – auf eine erneute Beschwerde trat es nicht ein.
Verlust von mindestens 260'000 Franken
Die Familie Dermont will sich nichts vormachen. «Ein Rückbau bedeutet für uns nichts anderes als ein Abbruch», sagt Rebekka Dermont. Bitter: Zusätzlich zum Kaufpreis hatte die Familie rund 100'000 Franken in das Haus investiert. Das ergibt einen Verlust von 260'000 Franken.
«Die wollen uns hier einfach nicht», sagt Stefan Dermont. «Wir sind müde, wir können nicht ewig weiterkämpfen.» Das Paar hat bereits mehrere Jahre in dem Häuschen gewohnt. «Wenns nur nach mir ginge, wäre ich einfach geblieben», sagt der 51-Jährige. «Aber meine Frau wurde schwanger. Deshalb haben wir uns wieder eine Mietwohnung gesucht.» Boiler, Herd und Sanitäranlagen sind inzwischen aus dem Haus in Hornussen verschwunden. «Wir brauchten das Geld und mussten sie verkaufen.»