Einbürgerungs-Roulette mit Funda Yilmaz (25) im Aargau
Abgelehnt, weil sie den Dorfmetzger nicht kannte

Der Entscheid wirft Fragen auf: Funda Yilmaz, einer bestens integrierte junge Türkin, wird der rote Pass verweigert. Obwohl sie den Staatskundetest bestanden hat.
Publiziert: 24.06.2017 um 17:27 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:50 Uhr
«Ich kenne nur dieses Leben hier»: Funda Yilmaz (25) wurde im Aargau geboren.
Foto: Screenshot Tele M1

Sie lebt seit ihrer Geburt in der Region, spricht fliessend Schweizerdeutsch, war Mitglied im Fussballclub und in der Meitliriege: Es ist einzig der Pass, den Funda Yilmaz (25) von vielen ihrer Schweizer Kolleginnen und Kollegen, ihrem Freund und ihren Nachbarn unterscheidet, was die Verbundenheit mit der Schweiz anbelangt. 

Das sollte sich ändern. Die junge Türkin, die als Tiefbauzeichnerin arbeitet, möchte auch auf dem Papier endlich dazugehören. Bei der Gemeinde Buchs AG stellte Yilmaz deshalb ein Einbürgerungsgesuch. 

Sie sei «nicht genügend integriert»

Angesichts Yilmaz' Verwurzelung in der Schweiz eine Formsache, könnte man meinen. Doch das sah die Gemeinde anders. An der Sitzung des Einwohnerrats wurde das Einbürgerungsgesuch der Türkin auf Anraten der Einbügerungskommission hin diese Woche abgelehnt. Das berichtet die «Aargauer Zeitung». Die Begründung: Yilmaz sei «nicht genügend in der Schweiz integriert». 

Und das, obwohl die Türkin den Staatskunde-Test 100 Prozent fehlerfrei bestanden hatte. Zum Verhängnis war Yilmaz vielmehr das Gespräch mit der Einbürgerungskommission geworden. Sieben Personen sassen ihr gegenüber, stellten ihr laut SP-Einwohnerrätin Ineke Irniger dutzende Fragen. Über die Schweiz, die Gemeinde Buchs, ihr Privatleben. Wie heisst zum Beispiel der Metzger im Dorf? Was hält sie vom türkischen Präsidenten Erdogan?

Yilmaz Antworten und ihr Auftreten vermochten das kritische Gremium nicht zu überzeugen. Sie sei sehr nervös gewesen, erzählt Yilmaz im Gespräch mit der «Aargauer Zeitung». Das sei sie auch immer bei mündlichen Prüfungen in der Schule gewesen. Zudem wusste die junge Frau nicht auf alle der Fragen sofort eine Antwort. Sie kenne das Dorf nicht so gut, Schweizer Politik interessiere sie derzeit nicht allzu sehr, erklärt Yilmaz. So, wie es wohl vielen jungen Erwachsenen gehen dürfte.

«Ich bin sehr enttäuscht und traurig»

Der ablehnende Entscheid trifft die junge Frau hart: «Ich bin sehr enttäuscht und traurig.» Sie könne den Entscheid nicht verstehen. 

Die Türkin sammelt nun in Form von Unterschriften Support für einen zweiten Anlauf  – ob sie diese einem Rekurs des Entscheids oder einem neuen Gesuch beilegen will, ist noch unklar. Denn Aufgeben kommt für die junge Frau nicht in Frage. Ihr Traum ist der Schweizer Pass. Denn, sagt Yilmaz: «Ich kenne nur dieses Leben hier.» (lha) 

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