Aargauer Obergericht spricht Freddy Nock frei
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Doch keine versuchte Tötung
Aargauer Obergericht spricht Freddy Nock frei

Freddy Nock muss sich am Dienstag vor dem Aargauer Obergericht verantworten. Die Vorwürfe sind happig. Laut Anklage soll er seine Ehefrau Ximena Nock (45) über Jahre misshandelt haben. Er wurde jedoch freigesprochen.
Publiziert: 03.11.2020 um 06:44 Uhr
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Aktualisiert: 23.12.2020 um 10:18 Uhr
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Freddy Nock stand am heutigen Dienstag vor dem Obergericht Aargau.
Foto: Keystone

Vor dem Aargauer Obergericht steht am heutigen Dienstag der Hochseilartist Freddy Nock . Das Bezirksgericht Zofingen hatte ihn Ende 2019 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung seiner Ehefrau Ximena Nock zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.

Der Hochseilartist erschien in einem seiner Show-Kostüme vor Gericht: Einem rot-weissen Lederkombi, auf Brust und Rücken prangte ein grosses Schweizerkreuz. Er verlangte einen vollumfänglichen Freispruch.

Jetzt ist klar: Freddy Nock hat nicht versucht, seine Frau zu töten. Das Aargauer Obergericht sprach den Hochseilartisten am Dienstag frei. Es gebe keine objektiven Beweismittel. Das Bezirksgericht Zofingen hatte Nock zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt.

Nock soll Ehefrau mit Kissen gewürgt haben

Laut Urteil soll Nock zehn der 30 Monate absitzen, für 20 Monate gewährte ihm das Bezirksgericht den bedingten Vollzug. Wegen Flucht- und Wiederholungsgefahr ordneten die Richter Sicherheitshaft an - direkt vom Gerichtssaal wurde Nock ins Gefängnis gebracht. Eine Woche später kam der 55-Jährige auf Geheiss der Beschwerdekammer des Obergerichts wieder frei.

Die Noch-Ehefrau von Nock wurde als Zeugin befragt. Ausführlich und redegewandt gab sie Auskunft darüber, was ihr im Mai 2008 zu Hause und im März 2013 in einem Hotel in Zürich widerfahren sei. Der Beschuldigte – damals noch nicht ihr Ehemann – habe sie 2008 gewürgt und dann über das Treppengeländer gehalten.

Sie habe nicht angenommen, dass er sie habe töten wollen, sagte sie. «Er wollte mich klein halten», er sei «ein Kontrollfreak». Im März 2013 kam es nach der Gala zu den Swiss Awards in einem Zürcher Hotel zum zweiten angeklagten Vorfall. Der Mann habe ihr ein Kissen aufs Gesicht gedrückt, bis sie sich tot gestellt habe. Als er das gemerkt habe, habe er ihr die Faust mehrmals ins Gesicht geschlagen.

Zudem habe sie am Kinn und an der Stirn blaue Flecken, aber keine weitergehenden Verletzungen gehabt, sagte die Frau. Im Nebenzimmer waren ihre und seine Tochter aus früheren Beziehungen. Die beiden, heute 18 und 15 Jahre alt, wurden ebenfalls von den Richtern befragt. Die Tochter der Frau schilderte Geräusche einer lautstarken Auseinandersetzung. Jene des Beschuldigten erinnerte sich nicht.

Verteidiger zog Glaubwürdigkeit von Ximena Nock in Zweifel

Der Verteidiger zerpflückte akribisch die Glaubwürdigkeit der Frau. Diese habe damals weder einen Arzt aufgesucht noch Anzeige erhoben. Sie habe den Beschuldigten wenige Monate danach geheiratet. Erst 2015, als sie Trennungsabsichten gehabt habe, seien die Anschuldigungen zur Sprache gekommen. 2016 zog sie sie wieder zurück. Es gebe «erhebliche Zweifel» an ihrer Darstellung.

Für den Staatsanwalt ist die Frau sehr glaubwürdig. Es sei typisch für Fälle von häuslicher Gewalt, dass die Opfer mit Anzeigen zögern würden, dass sie die Anschuldigungen wieder zurückzögen und den Partnern eine neue Chance gäben. Ihre Schilderungen seien detailreich und nachvollziehbar.

Der Beschuldigte selbst wies die Anschuldigungen zurück. Er habe die Frau weder gewürgt noch übers Treppengeländer gehalten und ihr ebensowenig ein Kissen aufs Gesicht gedrückt oder sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Es habe im Lauf ihrer Beziehung immer wieder heftige, auch handgreifliche Auseinandersetzungen gegeben, räumte er ein. Aber niemals würde er seine Frau töten wollen.

Sowohl die Anklage als auch die Verteidigung hatten kurz nach dem Urteil Berufung angemeldet. Der Staatsanwalt hatte Schuldsprüche auch in weiteren Anklagepunkten und eine Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren gefordert. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch; die Sachverhalte seien nicht rechtsgenügend belegt. (SDA)

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