«Trendy und schmalbrüstig», «gespritzter Weisser vom Chefredaktor» oder «dr füdliblutt Wahnsinn» – die Solothurner Fasnachtszeitung «11 Minuten» nimmt kein Blatt vor den Mund, als sie in ihrer letzten Ausgabe über ein Instagram-Bild einer Schweizer Journalistin spottet.
Das Bild zeigt Maria Brehmer, eine Journalistin der «Schweiz am Wochenende», die – offenbar nackt – ein Glas Wein im Pool geniesst. Wie der Tages Anzeiger schreibt, verhindere lediglich die Spiegelung des Wassers, dass man die Journalistin komplett entblösst sehe. Passend zu den sexistischen Kommentaren wählte das Fasnachtsblatt auch den Seitentitel «Feuchtfröhliches». Als wäre das nicht genug, reicherte die Redaktion das öffentlich zugängliche Foto mit zwei gelben Badeentchen an – und platzierte diese in ihrem Brustbereich.
«Unterirdisch sexistische Anspielungen»
Brehmer sei schockiert gewesen, als sie sich die taktlosen Titel-Vorschläge zu ihrem Bild von «11 Minuten» zu Gemüte führte. «Der Beitrag strotzt vor unterirdisch sexistischen Anspielungen», sagt sie zur «Solothurner Zeitung».
Wie der «Tages-Anzeiger» weiter berichtet, hätten gar eingefleischte Fasnächtler den Beitrag für unangebracht empfunden. Maria Brehmer entschied sich, diese Geschmacklosigkeit nicht auf sich sitzen zu lassen – und holte auf Facebook zum Gegenangriff aus.
Fasnachts-Tickets als Entschädigung
Schliesslich entschuldigte sich die «11 Minuten»-Redaktion bei Maria Brehmer per E-Mail. Als Entschädigung boten sie ihr zwei Gratistickets für eine Fasnachtsveranstaltung im nächsten Jahr an.
Da Brehmer diese Entschuldigung zu mager ausfiel, meldet sie sich bei CVP-Stadtrat Pascal Walter, der ebenfalls Mitglied der «11 Minuten»-Redaktion ist. Der 11-köpfigen Gruppe sei erst nach dem Facebook-Post der Journalistin klar geworden, dass sie zu weit gegangen sei, sagt dieser der Zeitung. «Wir entschuldigen uns bei ihr», sagt Walter zum «Tages-Anzeiger».
Zeitungen beschlagnahmt
Die Fasnächtler ziehen die Konsequenzen: Die noch in Läden und Restaurants aufliegenden Gratis-Ausgaben der Fasnachtszeitung werden sofort eingesammelt. Wie viele der gesamthaft 2000 verteilten Exemplare noch im Umlauf sind, ist unklar. Brehmer stellt aber klar: «Ich habe nie gefordert, dass sie die Zeitung zurückziehen sollen. Das war deren Entscheidung.»
Kommende Woche, wenn «11 Minuten» erneut erscheine, sei an der Stelle, wo der geschmacklose Post war, eine Entschuldigung geplant. Der Erlös der Inserate im Fasnachtsblatt will die Redaktion an eine Organisation spenden. Die Angelegenheit soll stilvoll beendet werden, auch im Sinne der Solothurner Fasnacht, sagt Pascal Walter der «Solothurner Zeitung».
Ein Ehrverletzungsdelikt?
Für Brehmer ist das Fazit am Ende der Geschichte klar: Es lohne sich, sich zur Wehr zu setzen, wie sie auf Facebook schreibt. «Man muss nichts erdulden, was jenseits des Anstands ist.» Auf Facebook macht die Journalistin auch weiter klar, dass sie vor weiteren Schritten nicht zurückschrecke. Ob die sexistische Fasnachtsseite ein Ehrverletzungsdelikt sei, kläre sie ab. (dzc)