Die Kantonspolizei Aargau hat in letzter Zeit auffällig oft mit Rasern zu tun. Dies hat einen Grund: Das Verkehrsaufkommen ist wegen der Coronakrise kleiner geworden. «Dies kann vermehrt dazu verleiten, auf der freien Strecke noch schneller zu fahren», erklärt Kurt Bühlmann (54), stellvertretender Abteilungschef der Mobilen Einsatzpolizei.
Der erste Raser nach dem Lockdown war Marco B.** (38). Er entzog sich Ende März mit seinem Porsche Cayenne einer Polizeikontrolle und landete in Rottenschwil AG in der Reuss.
Etliche Raser wurden geblitzt
Aber die meisten Raser werden geblitzt. Wie am 4. April in Hunzenschwil AG. Dort hatte eine Kosovarin (39) ausserorts 128 km/h auf dem Tacho ihres Lamborghini. Am gleichen Tag wurde in Oftringen AG ein Italiener (44) innerorts mit 98 km/h erwischt. Auch der Nordmazedonier Kadir U.* (35), der mit seinem Mercedes auf der A1 bei Spreitenbach AG raste, wurde mit 209 km/h erfasst.
Und: Noch in derselben Nacht musste die Polizei an die A1-Raststätte nach Würenlos AG ausrücken – weil sich rund 300 Autofreaks versammelten. Es verging keine Woche, da gab es erneut eine Verfolgungsjagd. Am Karfreitag stieg Amir V.* (30) trotz Billettentzug in einen weissen Ford Fiesta - und gab rund 20 Kilometer weit Gas! Bis der Kosovare kurz vor Aarau gestoppt wurde.
Beetle-Fahrer (22) mit 219 km/h unterwegs
Am gleichen Tag setzte die Polizei ausserorts bei Suhr AG ihre Radaranlage ein. Resultat: Ein Lenker (19) eines Subaru WRX wurde mit 144 km/h gemessen. Am stärksten aufs Gaspedal drückten schliesslich um Mitternacht zwei Raser auf der A1 bei Spreitenbach: Ein BMW M6 wurde mit 235 km/h und ein Audi RS6 mit 244 km/h geblitzt – sie sollen sich ein Rennen geliefert haben. In der gleichen Nacht erwischte die Polizei noch zwei weitere Raser mit 168 und 187 km/h. Und: Letzten Samstag wurde ausserorts bei Küttigen AG ein Autofahrer (21) mit 153 km/h geblitzt.
Doch es ging weiter Gas auf Gas! Laut BLICK-Recherchen war es Camilo P.* (22), der letzten Samstag mit 219 km/h erwischt wurde – wieder auf der A1 bei Spreitenbach. Der Kolumbianer war mit seinem VW Beetle 2.0 TSI unterwegs. Zu seiner Raserei will er nichts sagen.
«Auf Poser kann die Bevölkerung verzichten»
Aktuell gehen bei der Polizei auch viele Lärmklagen wegen Sportwagen mit Klappenauspuff ein. Kurt Bühlmann spricht von «Posern». Von «vorwiegend jungen Männer mit einem Migrationshintergrund». Man habe den Eindruck, dass sie sich über ihr Fahrzeug definieren. «Je leistungsstärker und auffälliger, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt man.» Würden solche Personen angehalten, gäbe es in der Regel keine Schwierigkeiten.
Resultat hier: Es werden Führerausweise eingezogen, teils auch Autos. Und Bussen verteilt oder Verfahren eröffnet. Deshalb sei die Rückfallgefahr «nicht so gross», sagt Bühlmann. Er spricht Klartext: «Hochgeschwindigkeitsfahrten gehören auf die Rennstrecke und nicht in den täglichen Verkehr. Tuner dürfen Freude haben an ihren mit Liebe hergerichteten Fahrzeugen. Auf Poser, welche durch ihr aggressives und lärmiges Fahrverhalten auffallen, kann die Bevölkerung getrost verzichten.»
* Namen geändert
** Name bekannt