Die Girlie-Gang von Aarau: Jetzt spricht der ausgenommene Rentner (75)
«Sie luchste mir 350'000 Fr ab»

Sara, die Anführerin der Girlie-Gang, luchste ihrem Nachbarn H. G.* 350'000 Fr ab. Mit dem ergaunerten Geld kaufte sie sich diverse Luxusartikel. Ihrem Nachbarn H.G.* erzählte sie eine ganz andere Geschichte.
Publiziert: 25.06.2015 um 17:17 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 04:10 Uhr
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Die 14-jährige Sara A. hatte Nachbar H. G. umschmeichelt.
Von Ralph Donghi (Text und Foto)

Geknickt sitzt H. G.* (75) auf dem Bänkli. Er schämt sich und will auf dem Foto nicht erkannt werden. Deshalb trägt er Hut und Sonnenbrille. H. G. ist der Rentner aus Buchs AG, dem Sara A.* (14) viel Geld abgenommen haben soll. «Das ist leider so», sagt er jetzt erstmals. «Sara luchste mir gut 350'000 Franken ab. Ich habe eine schwere Zeit hinter mir.»

Heute lebt H. G. nicht mehr im Mietsblock, in dem auch Saras Familie wohnt. Am Schicksalsort, an dem er der jungen Nachbarin am 4. April sein Auto lieh. Auf der nachfolgenden Spritztour flüchteten Sara und ihre gleichaltrige Kollegin unter Alkoholeinfluss vor der Polizei. Und bauten in Solothurn einen Unfall.

Danach kam heraus, dass die Somalierin Anführerin ­einer Girlie-Gang war, die sich mit ergaunertem Geld diverse Luxusartikel kaufte und H. G. ausnahm (BLICK berichtete).

Der pensionierte, verwitwete Ingenieur erinnert sich: «Als Sara mir vor ein paar Monaten im Treppenhaus erzählte, dass ihr Vater sie schlage, hatte ich Mitleid. Sie drückte auf die Tränendrüsen. Ich wurde weich.»

Und als Sara ihm später erzählte, dass Verwandte im kanadischen Toronto wegen Arztrechnungen und auch sie selbst Geldprobleme hätten, habe er ihr Bargeld geliehen. «Sie versprach hoch und heilig, es zurückzuzahlen.» Doch Sara wollte «immer wieder, immer mehr Geld. Ich glaubte ihr», so H. G. Selbst Saras Mutter spielte mit und bestätigte dem Rentner, dass die Verwandten in Not seien.

«Ich hätte nie gedacht, dass Sara mich so übers Ohr hauen würde.» Auch beim Alter log das Girlie. Sie erzählte, dass sie bald 19 Jahre alt werde. «Sie sah nicht aus wie 14 und umschmeichelte mich», sagt H. G. Er habe ihr auch ein Handy, einen Laptop, Zugbillette und Bussen bezahlt. Strippte sie für Geld für ihn? Dazu sagt er nur: «Da lief nichts.»

H. G. weiss, dass es ein Fehler war, Sara seinen Wagen zu leihen. Aber: «Sie sagte, dass sie ihren Onkel am Flughafen Basel abholen wolle. Er habe auch mein Geld dabei. Als ich sie nach ihrem Fahrausweis fragte, antwortete sie, der sei im Handtäschli der Tante.» Wieder siegte die Gutgläubigkeit. «Dafür darf man mich auch verurteilen», sagt H. G.

Wie steht er heute zu Sara, die in einem Heim ist? «Ich möchte mein Geld zurück. Aber das kann ich wohl vergessen. Mir tut sie fast leid. Sie hat sich ihre Zukunft verbaut.»

Nachdem Saras Treiben aufflog, wusste H. G. nicht mehr weiter: «Nach ihrer Verhaftung versuchte ich, mich an einem Tag drei Mal umzubringen.» Es klappte nicht. Heute ist der Rentner über den Berg. An seinem neuen Wohnort gefällt es ihm gut.

H. G. ist es wichtig, dass niemand in seinem neuen Umfeld von seinem Schicksal erfährt. Aber auch niemand aus seinem alten Umfeld soll seinen Wohnort kennen: «Man weiss ja nie, wer plötzlich hier auftauchen würde.»

Ob noch mehr Rentner ein Opfer von Sara und ihrer Girlie-Gang wurden, weiss H. G. nicht. Aber: «Mindestens eine weitere Person soll auch etwas von meinem Geld gekriegt haben.» Die Aargauer Staatsanwaltschaft will erst nach Abschluss des Verfahrens über den Fall informieren.

* Namen der Redaktion bekannt

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