Deutscher Profiler zu den Rätselmorden von Rupperswil
Warum musste Carla Schauer das Geld abheben?

Der deutsche Profiler Axel Petermann sieht Chancen, dass einer der Täter doch noch redet.
Publiziert: 21.02.2016 um 18:07 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 06:44 Uhr
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Axel Petermann, Fallanalytiker der Bremer Polizei im «Tatortzimmer».
Foto: KEY
Cyrill Pinto

Noch ist im Vierfach-Mord von Rupperswil AG kein Durchbruch gelungen: Die Behörden setzten 100'000 Franken Belohnung für Hinweise zu den Tätern aus.

Die Sonderkommission ist 40 Mann stark: Polizisten, Kriminalisten, Forensiker und Profiler, auch Experten aus Deutschland wurden hinzugezogen.

Axel Petermann (63) leitete die Mordkommission in Bremen (D), ermittelte in über 1000 Mordfällen. Der erfahrene Profiler weiss genau, wie seine Kollegen nun vorgehen. « Die Mordermittler werten Spuren aus, gehen Hinweisen aus der Bevölkerung und dem Umfeld der Opfer nach.» Profiler arbeiten anders, suchen nach der Spur hinter der Spur. «Sie fragen sich: Aus welchem Interesse passierte der Mord?»

Für Petermann ist entscheidend: Weshalb schickten die Täter Carla Schauer zum Geldabheben – und wieso legten sie Feuer? «Das Geld hätten sie auch selbst mit dem PIN-Code der Frau abheben können.» Warum musste es ihr Opfer tun?

9850 Franken, sechs mal 1000, elf mal 200, elf mal 100 und elf mal 50 Franken, hob die Mutter am Schalter der Aargauer Kantonalbank in Wildegg ab. 1000 Euro in 100-Euro-Scheinen zog sie in Rupperswil aus dem Automaten. Die Stückelung würde für einen Raub sprechen. Petermann geht deshalb von Raubmord aus.

«Wenn die Täter von ihren Opfern gesehen werden, reicht ihnen das als Tötungsgrund», sagt Petermann. «Sie wollen unerkannt fliehen, deswegen kann es zu einem Verdeckungsmord kommen.» Der Brand im Haus spreche dafür, dass Profis am Werk waren, die ihre Spuren verwischen wollten.

In der Belohnung sieht Petermann einen wichtigen Anreiz: «Wenn mehrere Täter beteiligt sind, ist die Chance gross, dass irgendjemand doch noch redet.» Oft sei in Gruppen einer, der die Tat nicht verarbeiten könne – oder die Belohnung braucht.

Auch die Zeit könne den Ermittlern in die Hände spielen: «Viele Täter kommen mit ihrer Tat nicht zurecht, rechnen jeden Tag damit, dass die Polizei an der Haustür klingelt.» Deshalb stellen sie sich – oder verüben Suizid.

Allerdings hat Petermann in seiner Karriere auch schon Täter erlebt, die ihre Tat verdrängen konnten und nie wieder daran dachten. «Sie waren sich so sicher, dass sie nie überführt werden, dass sie zur Normalität übergingen.» 

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