Dentalassistentin Sadia H. (20) muss 1400 Franken zahlen
Ex-Chef auf Google kritisiert – Busse!

Die Dentalassistentin-Lehrtochter Sadia H. (20) wurde vom Ex-Boss Markus B. angezeigt, weil sie ihn auf Google schlecht bewertete. Jetzt soll sie 1400 Franken Busse zahlen.
Publiziert: 28.01.2019 um 00:12 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2019 um 13:20 Uhr
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Markus B. zeigte seine Ex-Lehrtochter an.
Foto: Screenshot
Beat Michel

Wenn Sadia H.* (20) über ihren ehemaligen Chef Markus B.** nachdenkt, wird sie wütend. «Ich weiss heute nicht mehr genau, wie ich es so lange bei dem Zahnarzt aushalten konnte», sagt sie. «Er hat seine Angestellten und seine Patienten so schlecht behandelt.» Er soll unnötige Behandlungen vorgenommen haben, Hygienestandards nicht eingehalten und sie und ihre Kolleginnen wie «Sklaven» behandelt haben.

Nach eineinhalb Jahren in der Lehre kündigt sie und wechselt in eine Praxis nach Zürich. Sie will alle warnen, in die Praxis vom Markus B. zu gehen. «Ich musste das in seine Bewertung auf Google schreiben. Das sollen alle wissen», ist die Dentalassistentin im dritten Lehrjahr überzeugt. «Er ist ein schlechter Zahnarzt.»

«Ihm sind die Patienten egal»

Am 15. Oktober 2018 spät am Abend füllte die Aargauerin die Google-Rezension über ihren ehemaligen Chef aus. Sie wählte deutliche Worte. «Arme Patienten, es tut mir echt leid, dass die keine Ahnung haben», schrieb sie. Und: «Vorne durch lächelt er, hintenrum hasst er seinen Job. Ihm sind die Patienten egal.» Und: Wenn Kinder weinten beim Bohren, habe er einfach weitergemacht, obwohl sie fast erstickten, schrieb sie. «Kein Wunder, haben viele Kinder Zahnarztangst! Ich empfehle Euch den Zahnarzt echt nicht. Passt auf bei dieser Praxis. Sie ist echt gefährlich. Ob für Junge oder Ältere. Dieser Zahnarzt ist ganz schlecht.»

Die Antwort des Zahnarztes lässt nicht lange auf sich warten. Unter die Rezension von Sadia H. schrieb er: «Du wirst noch von mir hören. Du wirst Deine Lektion schon lernen.» Dann verschwand die Bewertung aus dem Internet. Einen Monat später erhielt die Lehrtochter einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten.

1400 Franken und ein Eintrag ins Strafregister

«Üble Nachrede», wirft die Aargauer Justiz der Frau vor. Die Rezension habe ehrverletzenden Inhalt, heisst es. Sadia H. wird bedingt zu 30 Tagessätzen von 40 Franken verurteilt. Dazu eine Busse von 300 Franken und eine Strafbefehlsgebühr von 1100 Franken. Das Schlimmste: Es gibt einen Eintrag ins Strafregister.

Doch Sadia H. wehrt sich gegen das Urteil. «Ich habe mir einen Anwalt genommen. Es kann doch nicht sein, dass man nur positive Bewertungen schreiben darf. Wozu gibts dann überhaupt Google-Bewertungen?», sagt die Lehrtochter kurz vor Abschluss der Ausbildung.

Anwalt: «Das war keine Ehrverletzung»

Ihr Anwalt Urs Oswald ist zuversichtlich, die Strafe abzuwenden: «Es handelt sich hier schlicht nicht um eine Ehrverletzung. Die Aussagen meiner Mandantin bezogen sich auf die berufliche Arbeit des Zahnarztes. Sie legte in ihren Worten dar, wie er gegenüber ihr und den Patienten eingestellt ist. Das ist legal.»

Der Zahnarzt hat mittlerweile seine Praxis im Aargau verkauft und arbeitet mittlerweile im Kanton Luzern. Er selber erscheint auf der neuen Homepage zwar noch im Bild, aber seinen Namen kann man nirgends mehr lesen. Zur Sache will sich der Zahnarzt nicht äussern.

Sadia H. ist heute bei einem Chef, hinter dessen Arbeit sie stehen kann. «Zum Glück habe ich bei einem anderen Zahnarzt weitergemacht. Jetzt liebe ich meinen Job wieder.»

*Name bekannt

** Name geändert

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