Alles war bereit für die Gerichtsverhandlung: Die Richter des Bezirksgerichts Baden AG hatten im Saal Platz genommen, eine Übersetzerin war da, ebenso der Verteidiger und der Staatsanwalt. Nur einer fehlte: der Angeklagte selber.
Der 23-jährige Äthiopier, dem vorgeworfen wird, im August vor einem Jahr in der unterirdischen Asylunterkunft in Dättwil AG einen Mitbewohner mit einem Rüstmesser schwer verletzt zu haben, sass nämlich noch in seiner Gefängniszelle in der Justizvollzugsanstalt.
Schuld an der Absenz hat aber wohl nicht der Äthiopier selber. Es war offenbar nicht gelungen, ihn rechtzeitig ins Gericht zu transportieren. Über die Gründe für diesen Fauxpas kann sich Kantonspolizeisprecher Bernhard Graser nicht äussern, wie er gegenüber der «Aargauer Zeitung» sagt. Er kenne die Umstände der Panne nicht. Eine Gerichtssprecherin verweist auf das laufende Verfahren und kann ebenfalls nicht sagen, bei wem nun der Fehler liegt.
Gefangenentransporte erledigt die Kapot
Anders als in anderen Kantonen liegt der Gefangenentransport im Aargau in der Verantwortung der Kantonspolizei. Dies ist auch dann so, wenn ein Gefangener zum Arzt, zur Ausschaffung oder eben zum Prozess gefahren werden muss. Die Kapazitäten dafür seien begrenzt, wird der Sprecher der Kapo Aargau zitiert. Man könne sich schon fragen, ob für diese Aufgaben tatsächlich ausgebildete Polizisten benötigt würden.
Nichtsdestotrotz: Weil für die Gerichtsverhandlung die Hauptperson in der Zelle vergessen wurde, musste die Verhandlung nach rund einer Stunde Wartezeit verschoben werden. Der Äthiopier wird nun im November vor Gericht erscheinen müssen. Die Staatsanwaltschaft fordert für den Beschuldigen eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren wegen versuchter vorsätzlicher Tötung. (fr)