Gegen aussen präsentierte sich Bajram V. (61) als stolzer Ehemann. An Familienfesten legt er den Arm um seine Frau Armenda V. (†42), während eines Aufenthalts in Mailand lächelt er an ihrer Seite in die Kamera. Doch am vergangenen Dienstagabend zeigt der Taxifahrer aus Mellingen AG eine andere Seite von sich. Eine kaltblütige.
Während der Ferien im Heimatland Kosovo feuert Bajram V. insgesamt 15 Kugeln auf seine Ehefrau ab. Die zweifache Mutter stirbt auf offener Strasse. Ein Verwandter aus der Schweiz sagt zu BLICK: «Bajram war manchmal ein aggressiver Typ. Aber dass er dazu fähig ist, hätte niemand gedacht.»
Seit Ende Juli weilte das Paar in Prizren, einer Grossstadt im Süden Kosovos. Immer wieder hätten sie sich in dieser Zeit gestritten, erzählt der Verwandte. «Armenda wollte ihre Töchter in Pristina besuchen. Doch ihr Mann liess sie nicht, bestand stattdessen darauf, ans Meer zu fahren.»
«Sie wollte ihn verlassen»
Die Mutter habe sich bevormundet gefühlt. Eingeengt. Am Dienstagabend schliesslich eskalierte ein Streit um die Planung der bevorstehenden Ferientage. «Kurz vor ihrem Tod rief Armenda noch ihre beste Freundin an, eine Verwandte von mir. Sie sagte, sie nehme sich jetzt ein Taxi und fahre zu ihren Töchtern», so der Angehörige.
Am Telefon habe sie versprochen, noch bei der Freundin vorbeizukommen, um ein paar Kleider abzuholen. «Sie wollte nicht mehr zu ihrem Mann zurück, wollte ihn verlassen», so der Verwandte.
Da sei Bajram V. ausgerastet. Gemäss kosovarischen Medienberichten folgte er ihr, als sie zum Taxi lief – und schoss auf sie. Armenda brach tot zusammen, nur 100 Meter vom gemeinsamen Haus entfernt. Der Verwandte erzählt: «Bajram rief zuerst seinen Sohn und seinen Bruder an und erzählte ihnen, er habe seine Frau getötet. Danach stellte er sich der Polizei.»
«Wir sind keine kriminelle Familie»
Der Bruder des Schützen sagt zum Portal «Tetovasat»: «Ich wollte nicht glauben, was er mir da erzählte. Wir sind doch keine kriminelle Familie!»
Nun sitzt der Kosovare in Haft. Gemäss dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat er keinen Schweizer Pass, seine verstorbene Ehefrau ebenfalls nicht.
Im Kosovo sorgt das Beziehungsdrama bis in die höchsten politischen Kreise für Entsetzen. Und entzündete eine Diskussion über Gewalt gegen Frauen.
Kosovo-Präsident äussert sich
Kosovo-Präsident Hashim Thaçi schreibt auf Facebook, solche Fälle von häuslicher Gewalt seien «inakzeptabel» und müssten sofort gestoppt werden. «Es gibt keinen Grund für Gewalt in der Familie, und noch weniger, ein Leben auszulöschen», so Thaçi weiter.
Die kosovarische Abgeordnete Mimoza Kusari-Lila teilt mit, dass Morde an Frauen im Kosovo zwischen 2017 und 2018 um 50 Prozent zugenommen hätten. «Das ist problematisch und zeigt, wie tief Gewalt gegen Frauen in unserer Gesellschaft verwurzelt ist», sagt die Politikerin.
Ob Bajram V. gegenüber seiner Frau schon früher gewalttätig war, ist noch unklar. Der Verwandte aus der Schweiz sagt dazu: «Er war dominant, hat sie gerne herumkommandiert. Aber handgreiflich wurde er meines Wissens nie. Bis jetzt.»