Traurig sitzt Eron Abduli (24) auf einem Bänkli vor seinem Wohnblock in Dottikon AG. Die Gedanken des selbstständigen Malers sind bei seiner verstorbenen Mutter Sabije Abduli (†41). Sie war vierfache Mutter, langjährige Fabrikarbeiterin – und ist ein unschuldiges Verkehrsunfallopfer. Sie musste sterben, weil ein Tesla-Fahrer (55) in Lenzburg AG einen U-Turn machte – und dem Auto den Weg abschnitt, in dem sie sass. «Mit dem Tod meiner Mutter wurde mir ein Teil meines Herzens herausgerissen», sagt Eron Abduli zu Blick.
Passiert ist der Unfall am 13. März 2022 im Bereich des Lenzburger Autobahnzubringers. Der Tesla-Fahrer fuhr von der Einspurstrecke auf die Hendschikerstrasse in Richtung Horner. Kurz darauf wollte er laut Kapo Aargau «sein Fahrzeug über den Normalstreifen und Sicherheitslinie auf die entgegenkommende Spur wenden». Dabei kam es zur frontal-seitlichen Kollision mit einem VW Polo, der aus dem Tunnelportal Ost ebenfalls Richtung Horner fuhr. Alle fünf Insassen der Fahrzeuge wurden verletzt – eine von ihnen schwer: Sabije Abduli.
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Sohn erfährt im Spital vom Tod seiner Mutter
«Meine Mutter war mit meiner Schwester (19), die am Steuer des VW Polo sass, sowie meinem kleinen Bruder (6) bei den Grosseltern und auf dem Heimweg», sagt Eron Abduli. Als der Tesla-Fahrer ihr den Weg abgeschnitten habe, habe sie nicht mehr reagieren können.
Er selber sei zu diesem Zeitpunkt dabei gewesen, seine alte Wohnung zu räumen. «Ich wollte zurück zu meinen Eltern ziehen.» Da habe ihn sein Vater (46) angerufen. «Er wollte mir nicht sagen, was genau passiert war.» Er habe dann erst im Spital erfahren, dass seine Mutter verstorben ist. Besonders traurig für den 24-Jährigen: «Ich konnte keinen Abschied mehr nehmen von meiner Mutter.» Sie sei später im Heimatland Mazedonien beerdigt worden.
Todesopfer war bei allen beliebt
«Sie war ein herzensguter Mensch», erinnert sich der leidgeprüfte Sohn. Sie sei bei allen beliebt gewesen. «Jeder hatte sie gern, jeder hat sie geliebt. Sie hatte nur Positivität ausgestrahlt.» Es habe nichts gegeben, was er ungern mit ihr gemacht habe.
Am Donnerstag stand der Mann in Lenzburg vor Gericht, der seine Mutter auf dem Gewissen hat. Eron Abduli war beim Prozess nicht anwesend. Seine Wut auf den Tesla-Fahrer ist zu gross. Er könne «nicht verstehen», warum der Deutsche einen solchen Unfall gebaut habe.
Der Beschuldigte hat schon im Vorfeld dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft schriftlich zugestimmt – darum wurde der Prozess im abgekürzten Verfahren durchgeführt. Der Tesla-Fahrer ist für den Prozess aus Deutschland angereist. Er ist berufstätig und sagt, dass er bis zum Unfall noch nie mit der Polizei zu tun gehabt habe. An dem Tag habe er zu einer Tanzveranstaltung fahren wollen. Dann habe ihn das Navi in die falsche Richtung geführt – deshalb habe er umgedreht.
«Hirnverbrannte Idee»
Der Deutsche anerkennt die Anklage. Er bereue, was er getan habe. Er werde es nie mehr tun, sagte er. Der Tesla-Fahrer bestätigt dem Richter, dass es «eine hirnverbrannte Idee» gewesen sei, die Sicherheitslinie zu überfahren. Er fahre nun viel vorsichtiger. Es sei ein Gutachten erstellt worden, das zum Schluss gekommen sei, dass er immer noch Autofahren dürfe.
Per Anwalt habe er den Angehörigen einen Brief übergeben lassen, sagte der Beschuldigte weiter. Darin habe er sich entschuldigt. Der Beschuldigte zeigte sich auch vor Gericht mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten und einer Busse von 4000 Franken einverstanden. Das Gericht folgte schliesslich dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Mann unter anderem wegen fahrlässiger Tötung. Die Probezeit beträgt zwei Jahre.
Die Angehörigen von Sabije Abduli sind enttäuscht über den Entscheid. Blick sprach mit der Tochter des Opfers, Allma Abduli (20): «Ich bin extrem unzufrieden damit, was für ein Urteil gefällt worden ist», sagt sie an der Seite des Witwers, Besnik Abduli (46). Die Strafe sei ihrer Meinung nach viel zu niedrig. Leute, die viel weniger schlimme Taten begangen hätten, bekämen höhere Strafen als jemand, der ein Menschenleben auf dem Gewissen habe. «Für uns ist das extrem schwierig.»
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