Aargauer Migrationsamt entzieht unbefristete Niederlassungsbewilligung
Ausländische Familie erhielt fast 740'000 Franken an Fürsorgeleistungen

738'497 Franken Sozialhilfe hat eine ausländische Familie im Kanton Aargau seit 2004 bezogen. Die vier Kinder sind inzwischen volljährig. Die Behörden sehen von einer Ausweisung des Ehepaars wegen «privater Interessen» ab. Eine Massnahme soll ihr Verhalten ändern.
Publiziert: 07.07.2023 um 04:56 Uhr
|
Aktualisiert: 07.07.2023 um 07:47 Uhr
Nach jahrelanger Abhängigkeit von Sozialhilfe – insgesamt 740'000 Franken seit 2004 – hat das Aargauer Migrationsamt einem Paar die unbefristete Niederlassungsbewilligung entzogen.
Foto: Keystone

Das Aargauer Migrationsamt hat einem ausländischen Paar die unbefristete Niederlassungsbewilligung entzogen. Die zugewanderte Familie bezog seit 2004 insgesamt 738'497 Franken an Fürsorgeleistungen, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. Dies geht aus der Antwort des Regierungsrats auf einen SVP-Vorstoss hervor. Demnach hat das Paar kantonsweit am meisten Sozialhilfe bezogen. Die vier Kinder der sechsköpfigen Familie sind inzwischen volljährig.

Die Aargauer Behörden stellten die Frage, ob bei einer derart langen Sozialhilfeabhängigkeit «ausländerrechtliche Massnahmen» angezeigt seien. Das Ausländergesetz sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, den betreffenden Personen in solchen Fällen die Aufenthaltsbewilligung zu entziehen.

So weit ging das kantonale Amt für Migration und Integration (Mika) nicht. Das Ehepaar wurde aber zurückgestuft. Die Niederlassungsbewilligung C war schon im Juni 2020 widerrufen und durch eine Aufenthaltsbewilligung B ersetzt worden.

Verhältnismässige Massnahmen

Im konkreten Fall gewichteten die Behörden das persönliche Interesse an einem Verbleib in der Schweiz wegen der langen Aufenthaltsdauer sowie der familiären Situation höher als das öffentliche Interesse am Entzug der Aufenthaltsbewilligung, heisst es in der Antwort auf den SVP-Vorstoss.

Der Sozialhilfebezug erfolge häufig unverschuldet, so der Aargauer Regierungsrat auf die Interpellation. Auch erweise sich eine ausländerrechtliche Massnahme wegen überwiegender privater Interessen oft als nicht verhältnismässig.

Sozialhilfebezüger sollen Verhalten ändern

Eine lange Aufenthaltsdauer und gute Integration in der Schweiz führen laut dem Regierungsrat dazu, dass Gerichte ein sehr hohes privates Interesse an einem weiteren Aufenthalt sehen. Ein noch grösseres öffentliches Interesse an einer Wegweisung sei «auch bei einem Sozialhilfebezug oft nicht gegeben», der deutlich über den gegebenen Schwellenwerten liege.

Der Schwellenwert liegt für Personen mit Aufenthaltsbewilligung B bei 25'000 Franken, wenn es um eine Verwarnung geht, und bei 50'000 Franken, wenn ein Entzug der Bewilligung geprüft wird. Bei Personen mit Niederlassungsbewilligung C sind es 40'000 Franken (Verwarnung) und 80'000 Franken (Bewilligungsentzug).

Weiter hält die Regierung fest, auch mildere Massnahmen müssten verhältnismässig sein und entsprechend geprüft werden. «Grundsätzlich», so der Regierungsrat, «sollen die Massnahmen eine Verhaltensänderung bewirken». (kes)

Fehler gefunden? Jetzt melden