Aargauer Gericht dankts ihm
Raser liefert sich mit Videos selbst ans Messer

Ein BMW-Fahrer hat sich in einer 50er-Zone bei über 100 km/h gefilmt. Das Bezirksgericht Aarau war ihm dankbar.
Publiziert: 11.01.2023 um 12:35 Uhr
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Aktualisiert: 12.01.2023 um 06:27 Uhr
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Hier wurde der Fall verhandelt: das Bezirksgericht Aarau.
Foto: Philippe Rossier

Ein heute 22-jähriger Mann ist vom Bezirksgericht Aarau unter anderem verurteilt worden, weil er mit seinem BMW nach Toleranzabzug mit 101,08 und 100,57 km/h statt der erlaubten 50 km/h unterwegs war. Zur Tatzeit war der Lehrling knapp 20 Jahre alt. Der Sportwagen war auf den Namen seiner Mutter eingelöst, die selber nicht Auto fährt.

Wer in einer 50er-Zone mehr als 50 km/h zu schnell unterwegs ist, gilt von Gesetzes wegen als Raser. Als Hauptbeweismittel dienten Handy-Videos, die der Mann bei den Fahrten im Raum Aarau selber aufgenommen hatte. Wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, nahm sich das Gericht extra eine halbe Stunde länger Zeit, um die Videos in aller Gründlichkeit anzuschauen – auch verlangsamt.

20 Monate bedingt und Busse

Der Angeklagte und sein Verteidiger behaupteten, der Angeklagte sei beim Filmen bloss der Beifahrer gewesen. Dies wurde ihnen vom Gericht nicht abgenommen. Der Mann muss der Lenker gewesen sein, hiess es, «sonst hätte er auf dem Schoss des Lenkers sitzen müssen».

Das Gericht sprach den BMW-Fahrer neben den Raser-Delikten auch wegen Fahrens ohne gültiges Billett, Handy-Nutzung während der Fahrt und wegen einer einfachen Geschwindigkeitsüberschreitung schuldig. Die Strafe: 20 Monate Gefängnis bedingt bei einer Probezeit von vier Jahren. Zudem muss er eine Busse von 3000 Franken bezahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine vier Monate höhere Gefängnisstrafe und eine Busse von 10'000 Franken gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Mit dem Zug zur Arbeit

Den BMW hat der junge Mann inzwischen verkauft. Das Geld konnte er offenbar gut gebrauchen: Seinen amtlichen Verteidiger muss ihm vorerst der Staat bezahlen. Sobald seine wirtschaftlichen Verhältnisse es zulassen, muss er diese Kosten zurückzahlen.

Vor Gericht zeigte der Mann Reue. Heute fahre er mit dem Zug zur Arbeit, erklärte er. Das muss er auch: Um sein Billett zurückzuerhalten, muss er erst ein verkehrspsychologisches Gutachten anfertigen lassen. Er könne sich vorstellen, nie mehr Auto zu fahren, sagte der reuige Raser: «Ich brauche das nicht.» (noo)

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