Helga V.* (61) steht auf dem Grundstück ihres Mehrfamilienhauses in Selzach SO, in dem sie seit vielen Jahren mit ihrem Ehemann Karl (61) wohnt. Sie hat gerade die frischen Eier ihrer Hühner aus dem kleinen Stall geholt.
Doch: Seit dem 6. April 2019 ist es mit der Idylle vorbei. «Damals fing alles an», erinnert sich Helga V. im Gespräch mit BLICK. «Jemand zündete Brennholz an, das an unserer Fassade lagerte.» Doch die Hauseigentümer, die im Dorf als Hauswarte arbeiten, und ihre drei Mietparteien haben Glück: Karl V. kann das Feuer gerade noch rechtzeitig mit einem Eimer Wasser löschen.
Vergangenen Herbst brennt es zum zweiten Mal
In der Nacht auf den 12. Oktober 2019 zündet schon wieder jemand das Haus an. Rund 50 Feuerwehrleute rücken aus und kämpfen gegen das Feuer an, das sich bereits bis in den Dachstock ausgebreitet hat. Schliesslich können die Flammen nach mehreren Stunden unter Kontrolle gebracht werden. Alle Bewohner kommen gerade noch rechtzeitig aus dem Haus. Lediglich eine Person muss zur Kontrolle in ein Spital gebracht werden.
Zurück bleibt ein riesiger Sachschaden. Und böse Folgen: Ehepaar V. und die drei Mietparteien müssen fortan woanders wohnen. «Es war ganz schlimm für uns, dass es schon wieder gebrannt hatte», sagt Helga V. «Ich konnte zum Glück noch persönliche Dinge und die Fotoalben aus der Brandruine retten.»
Letzter Brand in der Nacht auf 1. Januar 2020
Während die Kantonspolizei Solothurn intensiv ermittelt und Zeugen sucht, kommt es noch während der Renovationsarbeiten am Mehrfamilienhaus schon wieder zu einem Feuer. Wieder zündet ein Unbekannter in der Nacht auf den 1. Januar 2020 einen Holzstapel beim Haus an. Als die Feuerwehr eintrifft, hat sich das Feuer bereits auf die Fassade und einen Teil des Dachstocks ausgebreitet. Immerhin: Dieses Mal kann der Brand schneller gelöscht und grösserer Schaden verhindert werden.
«Wir konnten es nicht glauben», sagt Helga V. «Unser Haus wurde zum dritten Mal angezündet!» Die Solothurnerin grübelt und hadert, denn sie und ihr Mann hätten doch keine Feinde.
Polizei geht von Brandstiftung aus
Für die Kantonspolizei ist damals nach dem dritten Feuer bei der Liegenschaft klar: «Als Ursache steht bei allen drei Brandereignissen Brandstiftung im Vordergrund.» Die gesamte Schadenssumme beziffere sich mittlerweile auf mehrere 100'000 Franken. Wieder wird intensiv ermittelt – wieder werden Zeugen gesucht. Alles vergebens.
Am Dienstag verkündet schliesslich die Solothurner Staatsanwaltschaft, dass sie «für Hinweise, die zu zusätzlichen Erkenntnissen und zur Ergreifung der Täterschaft führen, eine Belohnung von 10'000 Schweizer Franken» aussetzt.
«Ich habe nicht gewusst, dass eine Belohnung ausgesetzt wird», sagt Helga V. und ergänzt: «Ich war überrascht und hoffe, dass es hilft, die Täterschaft zu ermitteln.»
Deutscher (30) vorübergehend verhaftet
BLICK-Recherchen zeigen: Es wurde nach den beiden Bränden im 2019 ein Tatverdächtiger verhaftet! Grund: Der Mann soll zuvor eine Wohnungsmieterin des Mehrfamilienhauses gestalkt, ihr Auto beschädigt und sie im Internet übel beschimpft haben. Die Vergehen bestätigt die damalige Mieterin (28) gegenüber BLICK und sagt: «Er ist ein Arbeitskollege von mir. Man konnte ihm aber weder die Aktionen gegen mich noch die Brände nachweisen.» Dennoch sei er inzwischen in der Firma in eine andere Abteilung versetzt worden.
Jan Lindenpütz von der Solothurner Staatsanwaltschaft bestätigt die vorübergehende Verhaftung: «Es handelt sich um einen 30-jährigen Deutschen, der wieder freigelassen wurde, weil keine Haftgründe mehr bestehen.»
Staatsanwaltschaft froh um jeden Hinweis
Es ist somit davon auszugehen, dass der Mann kein Geständnis abgelegt hat und es auch keine Beweise gegen ihn gibt – sonst hätte die Staatsanwaltschaft nicht gerade erst eine Belohnung ausgesetzt.
Doch ist der Deutsche nun kein Tatverdächtiger mehr? «Wir können aus ermittlungstaktischen Gründen keine weiteren Auskünfte geben», so Lindenpütz von der Staatsanwaltschaft. «Wir sind aber nach wie vor froh um jeden Hinweis. Auch wenn er noch so klein und nur zu einem der drei Brände ist.»
Helga V. und ihr Mann, die seit drei Wochen wieder im Haus wohnen, haben derweil vorgesorgt. «Wir haben ein paar Tausend Franken für Überwachungskameras ausgegeben und sie rund um unser Haus montiert. In der Hoffnung, dass es nicht noch ein viertes Mal brennt.»
* Name der Redaktion bekannt