In einer Oktobernacht 2021 lud ein Mitarbeiter eines Bundesasylzentrums zwei weitere Mitarbeiter zur Grillparty in seinem Garten ein. Mit dabei: drei Asylbewerberinnen. Die Gruppe trank Alkohol, tanzte am Feuer.
Alle kannten sich aus dem Asylzentrum. Ein 19-jähriger Zivildienstleistender war ebenfalls dabei – er war etwas später hinzugestossen, als alle bereits angetrunken waren. Spät am Abend übernachtete er mit einer 39-jährigen Iranerin auf dem Sofa, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Sie habe sich nicht mehr wehren können
Jetzt gehen die Darstellungen auseinander: Sie sagt, sie habe starke Antidepressiva genommen und sich hingelegt. Wegen der Medikamente und des Alkohols habe sie sich gefühlt wie auf einer Wolke.
Er habe angefangen, sie zu küssen und sie schliesslich zu missbrauchen. Sie habe nur noch ihren Kopf weggedreht und keine Energie gehabt, sich zu wehren. Er erzählt gemäss der «NZZ am Sonntag» eine andere Version: Der Sex sei einvernehmlich gewesen.
Sie meldet sich trotz Angst beim SEM
Sie meldete sich nach dieser Oktobernacht bei Mitarbeitern des Staatssekretariats für Migration (SEM), die die zuständige Kantonspolizei informierten. Sie tat dies, obwohl sie Angst hatte, dass das Verfahren den Entscheid über ihr Asylgesuch beeinflussen könnte.
Doch die Staatsanwaltschaft liess das Verfahren fallen, weil sie zum Schluss kam, dass der Tatbestand der Vergewaltigung nicht erfüllt sei. Grund: Der Beschuldigte habe «keine Nötigungshandlungen» vorgenommen und es gebe keine Hinweise darauf, dass die Frau während des Geschlechtsverkehrs «zum Widerstand unfähig war».
Die zuständige Betreuungsorganisation AOZ reagierte gemäss «NZZ am Sonntag» trotzdem und stellte zwei Personen frei. Mitarbeitenden sind private Kontakte mit Asylsuchenden grundsätzlich untersagt. (neo)