Der Komet C/2022 E3 (ZTF) wurde im März 2022 von den Mitarbeitern des kalifornischen Observatoriums Zwicky Transient Facility entdeckt. Zwischen dem 12. Januar und dem 11. Februar wird man ihn nun wahrscheinlich auch mit dem Fernglas oder sogar von blossem Auge erkennen können. Einer, der C/2022 E3 besonders nah auf den Fersen ist, ist Timm Riesen (46) vom Center for Space and Habitability der Universität Bern. Riesen ist der Direktor des Stellariums Gornergrat. Für Blick klärt er die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit dem Himmelsspektakel.
Was ist überhaupt ein Komet?
Ein Komet ist ein Überbleibsel von der Formierung unseres Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren. Als die Planeten und ihre Monde entstanden, wurde einiges Material nicht integriert. «Dieses befindet sich in Form von Kometen weiterhin im Weltall», sagt Riesen. Kometen bestehen laut dem Astrophysiker aus dem gleichen Material wie die Planeten. «Man kann sich einen Kometen als eine Art schmutzigen Schneeball vorstellen, einen Klumpen aus Staub, Gestein und Eis.» Wenn dieser auf einen Orbit in Sonnennähe kommt, bilden sich laut Riesen in der Regel zwei Schweife. Ein weisslicher Staubschweif und ein stets von der Sonne wegweisender Ionenschweif. «Der Staubschweif entsteht durch ausgasendes Material, wenn sich der Komet erwärmt und der Ionenschweif bildet sich durch den auftreffenden Sonnenwind, der das Material gewissermassen mitreisst.»
Was ist der Unterschied zu Asteroiden und Meteoriten?
«Kometen, Asteroiden und Meteoriten sind verschiedene Himmelskörper», sagt Riesen. Die meisten Asteroiden befinden sich im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. «Asteroiden können sehr gross sein und haben im Gegensatz zu Kometen keinen Schweif.» Ein Meteorit im klassischen Sinn sei ein Teil, das in die Erdatmosphäre eintrete und auf den Boden pralle. Wenn der Gegenstand nur am Himmel vorbeizieht, ist es ein Meteor. Eine Sternschnuppe verglüht beim Eintreffen in die Erdatmosphäre, wie der Astrophysiker weiter erklärt.
Was ist das Besondere an C/2022 E3?
Dieser Komet gehört zu den helleren Kometen, die in den letzten 30 Jahren beobachtbar waren. Man kann errechnen, welche Bahn er gehabt haben muss. Demnach war C/2022 E3 vor 50’000 Jahren zum letzten Mal an seinem sonnennächsten Punkt. «Man weiss aber auch, dass seine Bahn durch Jupiter und Saturn, und durch sein eigenes Ausgasen während seines diesjährigen Durchgangs massgeblich verändert wird», erklärt Riesen. «Man kann noch nicht sagen, ob der Komet dieses Sonnensystem vielleicht sogar verlässt. Wir müssen nun beobachten, welche Bahn er nach dem Durchgang tatsächlich genau verfolgt.»
Warum leuchtet er grün?
Am Anfang war der Komet laut Riesen eher gelblich. «Inzwischen gast er mehr aus – es werden durch die Wärme mehr Moleküle von der Kometenoberfläche ausgestossen, die dann mit dem Sonnenlicht interagieren.» Im Fachjargon nennt man diese Interaktion mit dem Sonnenlicht Photolyse. «Dadurch werden unter anderem C2-Atome produziert, die für das grüne Licht verantwortlich sind.» Die C2-Atome werden nach ein paar Tagen wieder abgebaut. Deshalb sei das grüne Licht vor allem am Kopf des Kometen zu sehen.
Wie lange braucht das Licht vom Kometen bis zur Erde?
«In der Entfernung, in der sich der Komet dieser Tage zur Erde befindet, braucht das Licht 5,8 Minuten», sagt Riesen. «Anfang Februar, wenn der Abstand zur Erde minimal sein wird, nur noch 2,4 Minuten.» Zu diesem Zeitpunkt liegen 42 Millionen Kilometer zwischen dem Kometen und der Erde.
Wie kann man den Kometen sehen?
«Am besten sieht man ihn mit einem Teleskop oder mit einem guten Fernglas», sagt Riesen. «Bei wenig Mondlicht kann man ihn vielleicht sogar von blossem Auge sehen.» Für eine gute Sicht sollte allerdings auch das Stadtlicht gemieden werden. Auf einer Sternkarte oder mit einer App kann man sich nach dem Sternbild Nördliche Krone oder im weiteren Verlauf nach dem Fuhrmann und dem Sternbild des Giraffen orientieren. Das Wetter ist für Kometen-Fans am 12. Januar vorerst eher ungünstig, wie Meteorologe Klaus Marquardt (48) von Meteo News erklärt. «Es wird relativ viele Wolken haben.» Auch im Rest der Woche wird der Himmel den Prognosen zufolge eher selten klar sein. Doch die Sichtbarkeitsverhältnisse würden sich verbessern. «In den nächsten zwei bis drei Wochen wird sich sicher Gelegenheit bieten, den Kometen zu beobachten», sagt Marquardt.
Wann war zum letzten Mal ein Komet von der Schweiz aus beobachtbar?
Für Forscher wie Riesen gibt es immer wieder Kometen zu beobachten. «Dies erfordert aber jeweils Spezialgerät», erklärt der Astrophysiker. Zum letzten Mal von blossem Auge war im Sommer 2020 der Komet C/2020 F3 – besser bekannt unter dem Namen Neowise – beobachtbar. Dieser hatte einen bläulichen Ionenschweif, der von der Sonne weg zeigte, und einen weisslichen Staubschweif. «Auch Neowise hatte in Sonnennähe am Kopf einen grünlichen Rand», sagt Riesen. «Dieser war aber weniger ausgeprägt als beim jetzigen Kometen.»