Ein Tessiner Polizist reagierte am 1. Juni 2019 auf einen Unfall. «Der Fahrer eines Scooters liegt in Mezzovico am Boden», lautete die Meldung. Da er möglichst schnell am Unfallort sein wollte, drückte der Polizist das Gaspedal ordentlich durch. Daraufhin blitzte es ihn innerorts in der Gemeinde Gentilino TI. Die Tacho-Nadel stand auf 102 km/h, erlaubt waren nur 50 km/h.
Nun fand die Verhandlung über diese Tempoüberschreitung beim Strafgericht in Lugano statt, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet. Das Urteil: Ein Jahr Freiheitsstrafe, allerdings bedingt ausgesetzt auf zwei Jahre. Zusätzlich droht eventuell ein Führerscheinentzug von zwei Jahren. Weil er die erlaubte Geschwindigkeit von 50 km/h um mehr als 50 km/h überschritten hatte, gilt er laut dem Gesetz Via Sicura als Raser.
Polizisten könnten Angst haben, vor Gericht zu enden
Unmittelbar nach der Urteilsverkündigung kündigte die Verteidigerin laut der «Aargauer Zeitung» bereits Beschwerde an. Sie hatte einen Freispruch gefordert. «Es stellt ein Problem dar, wenn Gerichte im Nachhinein die Dringlichkeit eines Polizeieinsatzes beurteilen. Polizisten müssen innerhalb von Sekunden entscheiden», sagte Rechtsanwältin Maria Galliani.
Zudem bestehe das Risiko, dass sich aufgrund von Urteilen wie diesem Polizisten nicht mehr beeilen, weil sie Angst haben, vor Gericht zu enden.
Ähnlicher Fall bereits 2014
Anfang 2014 gab es einen ähnlichen Fall, bei welchem ein Streifenwagen bei einer Verfolgung in Genf mit 132 km/h bei erlaubten 50 km/h unterwegs war. Der Polizist wurde dabei zu einem Jahr Gefängnis bedingt verurteilt.
Die Bundesrichter gaben dem Element der Dringlichkeit dabei recht, allerdings habe der Polizist dabei ohne die nötige Voraussicht gehandelt. Selbst wenn er eine drohende Lebensgefahr habe abwenden wollen, rechtfertige das noch lange nicht, selber eine Lebensgefahr durch sein Verhalten zu schaffen. (eb)