«Die Bilder haben mir zu denken gegeben»
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Bauer Haab ärgert sich:«Die Bilder haben mir zu denken gegeben»

Misthaufen verseuchen Grundwasser – Bauer und SVP-Politiker nimmt Kollegen in die Pflicht
Fertig mit diesem Mist!

Viele Bauern missachten den Gewässerschutz und verseuchen unser Grundwasser. Bauer und SVP-Nationalrat Martin Haab aus Mettmenstetten ZH ärgert sich: «So was schadet uns enorm.»
Publiziert: 26.08.2019 um 23:31 Uhr
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Bauer Martin Haab (57) ärgert sich über die Verstösse seiner Berufskollegen.
Foto: Andrea Brunner
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Flavio Paolo RazzinoNachrichtenchef

Gewässerschutzverletzungen von Bauern finden sich überall. Ob im Toggenburg, im Prättigau oder im Berner Oberland: BLICK hat zahlreiche Beispiele gefunden, wie Bauern ihren Mist offen auf Feldern lagern oder Gülle zur Unzeit und über Bäche austragen. Obwohl das verboten ist, da so giftige Schadstoffe ins Grundwasser gelangen.

Die Folge: Das Grundwasser in der Schweiz wird verseucht. An jeder siebten Grundwasser-Messstelle in der Schweiz werden heute zu hohe Nitratbelastungen nachgewiesen. Das zeigt der Grundwasserbericht Naqua des Bundesamts für Umwelt von Mitte August. Nitrat wird im Körper zu krebserregendem Nitrit umgewandelt – und kann bei zu hoher Konzentration gerade für Babys lebensgefährlich werden.

«Ich habe mich darüber sehr geärgert»

Martin Haab (57), SVP-Nationalrat und Bauer in Mettmenstetten ZH, ärgert sich über die Verstösse seiner Berufskollegen. Und nimmt sie in die Pflicht. «Es sind wirklich schlechte Beispiele, und sie zeigen, dass Bauern nicht überall sensibel genug mit der Grundwasserproblematik umgehen», so Haab. Das müsse man ändern. Denn: «Solcher Mist schadet unserem Berufsstand enorm!»

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Er trieft und saftet seit Jahren: Ein grosser Misthaufen in Cinuos-Chel-Brail bei S-chanf GR. Misthaufen dürfen nicht auf Feldern angelegt werden – ausser sie werden wasserdicht abgedeckt. Sonst gelangen Nitrate ins Grundwasser.
Foto: FR

Haab sieht hier vor allem ein Mentalitätsproblem. Nicht überall seien die Bauern nämlich so nachlässig. «Im Kanton Zürich könnte man sich solche Verstösse nicht erlauben. Hier wird streng kontrolliert und im enger besiedelten Raum reagieren Passanten und Anwohner auch viel schneller auf Geruchsbelästigungen und Verschmutzungen.» Anders in ländlicheren Kantonen. Dabei spricht aber auch er – wie vor ihm Markus Ritter, Präsident des Bauernverbandes im BLICK – von Einzelfällen. «Auch wenn diese Fälle in gewissen Kantonen gehäuft auftreten», wie er einräumt.

«Auch das Bevölkerungswachstum spielt eine Rolle»

Die Schuld für die Nitratbelastung im Grundwasser dürfe aber nicht nur den Bauern in die Schuhe geschoben werden. «Auch das Bevölkerungswachstum hat Einfluss auf den Nitratgehalt im Grundwasser», sagt Haab. Zudem sei es früher weit schlimmer gewesen. «Gerade die Nitratbelastungen in Flüssen und Seen hat sich merklich verringert in den letzten 30 Jahren», sagt Haab.

Er selber macht auf seinem Hof in Mettmenstetten mit Blick auf den Gewässerschutz alles richtig. 140 Tiere hat er, 70 Kühe und ebenso viel Jungvieh. Deren Mist lagert Haab auf einer Betonplatte, umrandet von einer massiven Zementmauer. Der Sickersaft geht direkt in den Güllenkasten. «So muss es auf jedem Hof aussehen – aber leider ist das noch nicht überall so», sagt Haab.

Die Anlage auf seinem Hof werde zudem jährlich kontrolliert. «Und im Frühling jeweils verteile ich den Mist auf den Feldern. Manchmal bleibt er da für kurze Zeit auf einem Haufen liegen, weil die Witterung das Düngen vielleicht noch nicht zulässt.» Aber Bauer Haab weiss nur zu gut: «Länger als sechs Wochen dürfen wir den Mist nicht auf dem Feld lagern.»

Wer Gewässer verschmutzt, begeht ein Offizialdelikt

Zusammen mit der Vollzugshilfe ist das Schweizer Gewässerschutzgesetz aus dem Jahr 1991 ziemlich verständlich: Miststöcke müssen auf Betonplatten liegen, der Abfluss darf nicht versickern, sondern muss in den Güllenkasten führen. Und: Grundsätzlich ist das Zwischenlagern von Mist auf dem Feld nicht erlaubt. Je nach Betrieb darf er aber für wenige Tage bis maximal sechs Wochen draussen liegen. Sofern der Misthaufen mit wasserabweisendem Vlies zugedeckt wird.

Beim Ausbringen von Gülle gibt es ebenfalls klare Vorschriften: Den Bauern ist es etwa verboten, Gülle auszutragen, wenn es stark regnet oder die Böden bereits wassergesättigt, gefroren oder schneebedeckt sind. Ebenfalls dürfen Bauern nur während der Vegetationszeit beschütten. Bei der Menge gilt: Sie dürfen nicht mehr düngen, als Pflanzen Nährstoffe benötigen. Und klar: Wiesen und Felder sind keine Gülle-Deponien.

Wird ein Gewässerschutzverstoss tatsächlich mal geahndet, hat das finanzielle Folgen für die Bauern: So werden ihnen die Direktzahlungen gekürzt. Ein Gewässerschutzverstoss ist dann auch ein Offizialdelikt – die Behörden müssen von Amts wegen solchen Verstössen nachgehen. Tun sie das nicht, verletzen sie ihre Dienstpflicht. Flavio Razzino

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Zusammen mit der Vollzugshilfe ist das Schweizer Gewässerschutzgesetz aus dem Jahr 1991 ziemlich verständlich: Miststöcke müssen auf Betonplatten liegen, der Abfluss darf nicht versickern, sondern muss in den Güllenkasten führen. Und: Grundsätzlich ist das Zwischenlagern von Mist auf dem Feld nicht erlaubt. Je nach Betrieb darf er aber für wenige Tage bis maximal sechs Wochen draussen liegen. Sofern der Misthaufen mit wasserabweisendem Vlies zugedeckt wird.

Beim Ausbringen von Gülle gibt es ebenfalls klare Vorschriften: Den Bauern ist es etwa verboten, Gülle auszutragen, wenn es stark regnet oder die Böden bereits wassergesättigt, gefroren oder schneebedeckt sind. Ebenfalls dürfen Bauern nur während der Vegetationszeit beschütten. Bei der Menge gilt: Sie dürfen nicht mehr düngen, als Pflanzen Nährstoffe benötigen. Und klar: Wiesen und Felder sind keine Gülle-Deponien.

Wird ein Gewässerschutzverstoss tatsächlich mal geahndet, hat das finanzielle Folgen für die Bauern: So werden ihnen die Direktzahlungen gekürzt. Ein Gewässerschutzverstoss ist dann auch ein Offizialdelikt – die Behörden müssen von Amts wegen solchen Verstössen nachgehen. Tun sie das nicht, verletzen sie ihre Dienstpflicht. Flavio Razzino

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