Das Stromschlag-Drama von La Neuveville BE forderte vor einem Jahr zwei Opfer: die Einheimische Claire Schläfli (†24) und die niederländisch-australische Doppelbürgerin Miranda Korn Birdsall (†53). Sie starben beim Versuch, Schläflis Hündin Makani (†7) zu retten, durch einen Stromschlag. Wegen eines defekten Kabels bei der elektrischen Installation am Hafen standen Geländer und Wasser unter Strom!
Heute erinnert ein Blumenmeer an der Unglücksstelle am Bielersee an das unfassbare Drama. Der Vater von Opfer Claire Schläfli, Robi Schläfli (64), besucht es jeden Tag (BLICK berichtete).
«Ein ganz spezieller Mensch»
Auch Alvin Varga (53) kommt oft am Abend hierhin. Der IT-Fachmann aus Port BE war der Lebenspartner von Miranda Korn Birdsall. «Unsere Liebe war noch jung, wir hatten uns 2016 kennengelernt», sagt er. «Miranda wohnte erst seit kurzem bei mir.»
Sie kannte die Schweiz gut. Hier lernte sie ihren Ex-Mann aus Australien kennen. Ihre drei erwachsenen Kinder leben in Sydney.
«Miranda war ein ganz spezieller Mensch. Überall, wo sie hinkam, schien die Sonne», sagt Varga. «Sie hatte auf der ganzen Welt viele Freunde.»
Sie zögerte keine Sekunde
Die Doppelbürgerin arbeitete am Flughafen Belp BE. Am 15. Mai 2017 hat sie einen freien Tag. Mit einer Freundin macht sie eine Velotour rund um den Bielersee. Kurz vor Mittag sind die beiden Frauen am Hafen von La Neuveville und machen Pause.
«Sie hörten Hilfeschreie. Als sie den Hund und die Frau im Wasser sah, stoppte Miranda und lief zum Unfallort», sagt Varga. «Sie war ein Mensch, der keine Sekunde zögerte, wenn jemand Hilfe brauchte. ‹Tu es einfach› war immer ihr Motto.» Claire S. und ihre Hündin sterben im Wasser, auch Miranda Korn Birdsall kann nicht mehr wiederbelebt werden.
Varga muss noch am gleichen Tag seine tote Freundin auf einer Bahre identifizieren. Er erinnert sich: «Ich erhielt um 15.30 Uhr einen Anruf. Man sagte mir, zwei Polizisten warteten auf mich. Ein wahnsinniger Schock.»
Simples Schreiben der Gemeinde
Die Berner Staatsanwaltschaft eröffnete eine Untersuchung wegen fahrlässiger Tötung. Wer schuld ist, steht noch nicht fest. Zuständig für die Elektroanlage im Hafen war die Gemeinde. Varga kritisiert die Behörden scharf. «Ich bin masslos enttäuscht. Das Engagement der Gemeinde gegenüber den Opfern ist beschämend und unwürdig.»
Empathie sei nicht sichtbar. «Ich hätte erwartet, dass sich die Gemeinde persönlich bei uns meldet, nachfragt, wie es uns geht, ob wir Unterstützung brauchen oder sie in irgendeiner Art helfen könnte. Doch wir bekamen bloss ein simples Schreiben.» In Australien das genaue Gegenteil: Dort pflanzte die Wohngemeinde von Miranda Korn Birdsall einen Gedenkbaum.
Gelebte Zivilcourage
Varga ist Privatkläger im Strafverfahren. Er hat sich einen Anwalt genommen. «Miranda lebte Zivilcourage. Sie war immer gut zu allen Wesen.» Er mahnt: «Vergesst meine Miranda nicht!»
Der Gemeindepräsident von La Neuveville, Roland Matti (63), will sich nicht weiter äussern, sagt nur: «Es ist eine sehr harte, komplizierte Sache für uns. Die Justiz soll jetzt arbeiten.»