Der Bundesrat hat dem Parlament als indirekten Gegenvorschlag zur Initiative einen Rahmenkredit von 250 Millionen Franken für den Fonds de Roulement vorgeschlagen. Dieser kann Wohnbaugenossenschaften zinsgünstige Darlehen gewähren. Mit der Aufstockung über 10 Jahre, die bei Rückzug oder Ablehnung der Initiative in Kraft tritt, kann die Förderung im heutigen Umfang weitergeführt werden.
Damit will der Bundesrat der Initiative den Wind aus den Segeln nehmen. Deren Forderungen seien unrealistisch und die Kosten zu hoch, sagte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Die Wohnungssuchenden brauchten jedoch Unterstützung. "Der Markt macht vieles richtig, aber nicht alles." Der Fonds de Roulement sei das angemessene Instrument.
Hinter der Initiative steht der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV). Das Volksbegehren verlangt, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen das Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen fördert. Mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen müssten im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sein. Dieses Ziel soll unter anderem mit Vorkaufsrechten für Kantone und Gemeinden erreicht werden.
Laut Hans Egloff (SVP/ZH), Sprecher der Wirtschaftskommission, hat eine solche Quote nichts in der Bundesverfassung zu suchen. Bund und Kantone seien bereits in der Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus aktiv. Zudem sei zehn Prozent eine unrealistische Quote, sagte Egloff, der den Hauseigentümerverband präsidiert. Nach seinen Angaben liegt der Anteil des gemeinnützigen Wohnungsbaus heute bei rund drei Prozent.
Nach Ansicht von Claudio Zanetti (SVP/ZH) wird der Wohnraum nicht zuletzt wegen der Zuwanderung, zusätzlichen Abgaben oder auch wegen der Zersiedelungsinitiative teurer. "Die Linke versucht ein Problem zu lösen, dass es ohne sie gar nicht gäbe", erklärte er.
Die übrigen bürgerlichen Parteien sprachen sich ebenfalls gegen die Initiative aus, wenn auch aus anderen Gründen. Viele Rednerinnen und Redner warnten vor hohen Kosten. Einige stellten in Frage, ob es ein weitergehendes Engagement des Bundes brauche. Eine einheitliche Lösung für die Schweiz sei nicht nötig, sagte Thomas Weibel (GLP/ZH). Stadt und Land hätten nicht die gleichen Probleme.
Nur SP und Grüne warben für die Initiative. Es gelte, einen Teil des Wohnungsangebots der Logik des Marktes und des Profits zu entziehen, sagte Mieterverbandspräsident Carlo Sommaruga (SP/GE). Es dürfe nicht sein, dass nur Menschen mit grossen Einkommen in der Stadt leben könnten, mahnte Michael Töngi (Grüne/LU), der im SMV-Vorstand sitzt.
Über die Initiative abstimmen wird der Nationalrat erst am kommenden Freitag. Zuerst muss sich die Wirtschaftskommission im Detail mit dem indirekten Gegenvorschlag befassen. Sie wollte darauf gar nicht eintreten, wurde im Rat aber mit 104 zu 78 Stimmen überstimmt.
In der Kommission waren SVP und FDP noch in der Mehrheit gewesen. Die Aufstockung des Fonds de Roulement wurde abgelehnt. "Die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich entspannt", argumentierte Kommissionssprecher Egloff. In den grossen Städten sei die Nachfrage nach Wohnungen zwar hoch. Aber gerade die Städte hätten bereits eine eigenständige Politik des gemeinnützigen Wohnungsbaus.
SVP-Sprecherin Diana Gutjahr (TG) machte sich sogar für die Auflösung des Fonds de Roulement stark. So weit ging FDP-Sprecherin Daniela Schneeberger (BL) nicht. Sie gab aber zu bedenken, dass die Streuverluste bei der indirekten Objektförderung durch den Fonds gross seien.
Die übrigen bürgerlichen Parteien, die Linke und ein Teil der FDP sprachen sich mehrheitlich für die Aufstockung des Fonds de Roulement aus. Leo Müller (CVP/LU) erinnerte daran, dass der Rahmenkredit in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung gestossen sei, insbesondere bei Städte- und Gemeindeverband. "Der Fonds de Roulement ist ein wirksames und äusserst günstiges Instrument der Wohnungspolitik", erklärte Städteverbandspräsident Kurt Fluri (FDP/SO).
Laut Beat Jans (SP/BS) ist der Fonds ausgeschöpft. Die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus sei aber eine Verfassungsaufgabe. Werde der Fonds nicht aufgestockt, sei das vorsätzlicher Verfassungsbruch. Es sei auch die Aufgabe des Staates, den hohen Anteil der Miete an den Ausgaben der Haushalte zu senken, erklärte die Grüne Lisa Mazzone (GE).
"Wir dürfen auf der bürgerlichen Seite nicht so tun, als gebe es keine Probleme", sagte BDP-Präsident Martin Landolt (GL). Die Initiative sei die falsche Antwort, aber gar nichts tun sei auch keine Lösung. Die Abstimmung über den Rahmenkredit findet ebenfalls am Freitag statt.