Wenn am Dienstag das erste Globale Flüchtlingsforum in Genf beginnt, fehlt der oberste Gastgeber am Mittagstisch. Aussenminister Ignazio Cassis (58) will das Forum am Morgen zwar noch eröffnen, den anschliessenden Lunch aber schwänzen.
Diplomaten schütteln darüber den Kopf. «Bizarr» sei das. Denn die Erstausgabe des Globalen Flüchtlingsforums ist von grosser symbolischer Bedeutung. Erwartet werden unter den rund 1200 Teilnehmern und 400 Delegationen auch Staats- und Regierungschefs sowie weitere Minister. Fest zugesagt hat der deutsche Aussenminister Heiko Maas. Erwartet wird aber auch der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan, dessen Ehefrau Emine als «First Lady der Türkei» zum Thema Totgeburt und Müttersterblichkeit sprechen will.
Das Forum ist eine direkte Folge des Uno-Flüchtlingspakts. Während es um den Migrationspakt der Vereinten Nationen ein riesiges Seilziehen gab, sagte die Schweiz zu ihm vor einem Jahr zusammen mit 180 anderen Ländern fast diskussionslos Ja. Sein Ziel: Staaten sollten mehr zusammenarbeiten, um Lösungen für Menschen zu suchen, die vor Krieg und politischer Verfolgung fliehen. Alle vier Jahre soll dafür ein globales Flüchtlingsforum stattfinden.
Von Cassis' Bundesratskollegen will niemand in die Bresche springen
Warum ausgerechnet Gastgeber Cassis bei der Erstausgabe das Mittagessen schwänzt, ist schlicht nicht klar. Die schwache Erklärung des EDA: Cassis fehle «aufgrund verschiedener Verpflichtungen im Rahmen der laufenden Session des Parlaments». Dabei müsste sich der Ausseminister eigentlich darum reissen, an einem so hochkarätig besetzten Essen teilzunehmen. Eine Chance, Kontakte zu pflegen, für gute Bilder und positive Schlagzeilen. Stattdessen soll nun der Beamte Mario Gattiker (62), Chef des Staatssekretariats für Migration, die Schweiz repräsentieren, wenn die Welt zu Gast in Genf ist.
Und Cassis' halbherzige Teilnahme ist offenbar bereits nicht folgenlos. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (65) jedenfalls wird nicht nach Genf reisen, obwohl Diplomatenkreise mit ihr gerechnet hatten. Dazu möchte ein Regierungssprecher in Berlin auf Anfrage von SonntagsBlick keine Stellung nehmen. In Bundesbern jedoch wundert man sich nicht über Merkels Fernbleiben, wenn schon aus dem Gastgeberland kein Regierungsmitglied während der ganzen Veranstaltung präsent ist.
Der Schweiz ist es in jedem Fall peinlich, eine schlechte Gastgeberin zu sein. Kurzfristig wurden andere Bundesräte angefragt, ob sie anstelle von Cassis am Essen teilnehmen. Doch die Magistraten haben entweder keine Lust, für Cassis in die Lücke zu springen, oder ihrerseits keine Zeit. Womöglich entscheidet sich Cassis darum auch in letzter Minute, doch noch am Essen teilzunehmen. Wie es sich für einen Gastgeber eigentlich doch gehört.
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