Mega-Gewitter über der Schweiz
150 Blitze pro Minute zuckten am Himmel

In Luzern, Bern und Zürich standen die Feuerwehren gestern und in der Nacht auf heute im Dauereinsatz. Heftige Unwetter waren über das Land gezogen und hatten für Zerstörung gesorgt.
Publiziert: 08.06.2015 um 12:35 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:57 Uhr

Hochwasser, Überschwemmungen, überflutete Keller und Erdrutsche: Sintflutartige Regenfälle haben gestern die Schweiz heimgesucht. Innerhalb weniger Stunden fielen gestern Abend und heute Nacht an einzelnen Messstationen über 60 Liter Regen pro Quadratmeter.

Bereits am Freitag und Samstag hatten sich gegen Abend vielerorts Gewitterzellen gebildet, doch die Unwetter gestern trafen einige Regionen mit unerwarteter Heftigkeit. Im Kanton Luzern verwandelten sich Strassen teilweise in Bäche, Autos standen im Wasser.

Zwischen 19.30 bis 23.30 Uhr gingen bei der Luzerner Polizei 165 Meldungen über Unwetterschäden ein. Am meisten betroffen seien die Gemeinden Sörenberg, Luzern, Dierikon, Adligenswil und Udligenswil, schreibt die Behörde. In Dierikon ertranken eine Mutter (†32) und ihre Tochter (†5) im Untergeschoss ihres Hauses.

Erste Gewitterzellen in der Romandie

Laut Meteoschweiz waren erste Unwetter am Nachmittag in der Nähe des Vallée de Joux niedergegangen, später zogen Gewitterwolken von den Waadtänder und Freiburger Alpen Richtung Norden.

Warnstufe Orange hatte das Bundesamt am Abend für die Region Zentralschweiz ausgesprochen. «Erhebliche Gefahr» galt von Wohlen im Aargau über die Kantone Zug und Luzern bis ins Muotathal. Für die Region Sarnen-Lungern wurde gar die die höchste Warnstufe ausgerufen.

150 Blitze pro Minute

Aber auch die Kantone Bern, Graubünden und später die Region Zürich wurde von heftigen Gewittern durchgeschüttelt.

Tausende Blitze erhellten den Himmel. Laut Meteorologe Jörg Kachelmann waren es in Zürich allein innerhalb von einer halben Stunde 3867 Stück, im Zürcher Unter- und Weinland im selben Zeitraum 4528 Blitze – rund 150 pro Minute!

Erdrutsche in Graubünden und Bern

Zwischen Filisur und Bergün GR wurde die Albulastrasse durch zwei Erdrutsche verschüttet, teilweise unterspült und weggeschwemmt. Wie die Kantonspolizei Graubünden mitteilte, war die Strasse zwar gegen Abend wieder passierbar, die Reparaturarbeiten dauerten aber bis heute an.

In Goldiwil, Heiligenschwendi und Gunten im Kanton Bern gingen ebenfalls Erdrutsche nieder und verschütteten Strassen.

In Pohlern bei Thun trat ein Bach über die Ufer und bedeckte die nahe Strasse mit Treibholz und Geröll. «Am Samstag ist das Gewitter noch knapp an uns vorbeigezogen, heute erwischte es uns», sagte Patrick Dänzer von der Feuerwehr Fallbach gestern Abend. Ein Leser aus Wimmis im Kanton Bern schickte ein ähnliches Bild und schrieb: «Man kann jetzt sogar vor der Haustüre fischen!»

In Steffisburg musste die Brücke über die Zulg gesperrt werden, weil der Pegel des Aare-Nebenflusses stark angestiegen war und ganze Baumstämme mit sich führte. Aufnahmen eines Leserreporters zeigen die Überschwemmungen. Mit 80 Mann stand die Feuerwehr im Einsatz.

Insgesamt seine 130 Meldungen bei der Kantonspolizei Bern eingegangen, teilt diese mit. Besonders stark sei das Berner Oberland betroffen gewesen, weshalb die Thuner Einsatzzentrale mit zusätzlichem Personal verstärkt werden musste.

Bedrohliche Situation für die Berner Matte

In der Zulg, ein Nebefluss der Aare im Kanton Bern, schwamm gefährlich viel Schwemmholz mit. Parallel dazu führte die Aare viel Gehölz aus dem Thunersee. Das führte zu einer bedrohlichen Situation im Berner Mattequartier, das regelmässig bei Überschwemmungen an seine Grenzen kommt.

Die Anwohner hatten Glück: Wie die das Feuerwehrkommando Bern in der Nacht mitteilte, konnten im Schwellenmätteli die mobilen Schwellenelemente rechtzeitig durch einen Kran entfernt werden. So konnte die gefährliche Situation entschärft werden. Anschliessend wurde Schwemmholz aus der Aare gefischt.

Zugsausfall im Säuliamt

Um 21.30 Uhr erreichte das Unwetter den Kanton Zürich. 30 Feuerwehren mussten aufgeboten werden, um die überfluteten Keller auszupumpen.

Wie Schutz & Rettung Zürich mitteilt, waren vor allem die Bezirke Affoltern, Dietikon, Horgen und Zürich betroffen. In diesen Gebieten mussten die Feuerwehren 350 mal ausrücken. Davon entfielen 89 Einsätze auf die Stadt Zürich. Die Einsätze werden bis in die frühen Morgenstunden andauern, heisst es.

Wegen eines Erdrutsches musste der Bahnverkehr zwischen Birmensdorf ZH und Zürich Altstetten auf der Linie Zug-Uster unterbrochen werden. Kokret fiel die S9 (Zug-Uster) zwischen Birmensdorf ZH und Schlieren aus. Ersatzbusse überbrücken den Unterbruch im Säuliamt. (lex/lha/alp/SDA)

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