Heute ist Jugendschutz weitgehend Sache der Kantone, die das Problem den Branchen überlassen. Künftig soll es für Filme und Videospiele eine schweizweit einheitliche Jugendschutz-Regelung geben, wobei die Branchen weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Das schlägt der Bundesrat im Vorentwurf des Bundesgesetzes über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele (JSFVG) vor, den er am Freitag in die Vernehmlassung geschickt hat.
Ziel des neuen Gesetzes ist der Schutz von Minderjährigen vor Inhalten in Filmen und Videospielen, «die ihre körperliche, geistige, psychische, sittliche oder soziale Entwicklung gefährden können". Für generell verbotene Inhalte wie Kinderpornografie hält der Bundesrat das geltende Recht für ausreichend. Handlungsbedarf sieht er aber bei Gewalt- und Sexdarstellungen oder bedrohlichen Szenen, die für bestimmte Altersgruppen ungeeignet sind.
Das Gesetz soll Kinos, Videotheken, den Online-Versandhandel, Verkaufsstellen und Videoportale zu Alterskennzeichnungen und -kontrollen verpflichteten. Für Film und Videospiele ist die Schaffung je einer Jugendschutzorganisation vorgesehen. Diese Organisationen sollen für den jeweiligen Bereich eine Jugendschutzregelung erlassen.
Gemäss dem Vorschlag des Bundesrats muss die Regelung ein System zur Altersklassifizierung sowie Regeln zur Alterskennzeichnung und zur Alterskontrolle enthalten. Die Jungendschutzorganisationen müssen eine Anlaufstelle schaffen, bei der für bestimmte Filme oder Spiele das festgelegte Mindestalter oder die Nichteinhaltung der Jugendschutzregelung beanstandet werden kann.
Die Organisationen können die Einhaltung der Regeln mit Testkäufen und -eintritten oder der Eröffnung von Testkonten überwachen. Der Bundesrat kann die Jugendschutzregelung auch für Akteurinnen verbindlich erklären, die nicht Mitglied der Jugendschutzorganisationen sind.
Für Abruf- und Plattformdienste wie Youtube oder Netflix gelten spezielle Vorschriften. Sie müssen ein System zur Alterskontrolle betreiben. Plattformdienste müssen ausserdem eine Meldestelle für ungeeignete Inhalte betreiben, Abrufdienste ein System zur elterlichen Kontrolle.
Wer bei Filmen oder Games keine Alterskennzeichnung oder Inhaltsdeskriptoren anbringt, kein System zur Alterskontrolle betreibt, keine Alterskontrollen durchführt oder kein System zur Meldung von ungeeigneten Inhalten anbietet, kann mit Bussen von bis zu 40'000 Franken bestraft werden.
Ein Problem bleibt die Durchsetzung der Regeln im Ausland, insbesondere gegenüber den grossen internationalen Anbietern. Der Bundesrat setzt dabei auf die Marktmacht der EU. Diese hat Ende November 2018 die neue Richtlinie für Audiovisuelle Mediendienste (AVMD) in Kraft gesetzt, an die sich die Schweizer Regulierung im Filmbereich anlehnt.
Bei den Videospielen will der Bundesrat den Windschatten der EU verlassen: Anders als die AVMD-Richtlinie soll das neue Schweizer Gesetz auch Abruf- und Plattformdienste verpflichten, die Videospiele anbieten. Die internationale Durchsetzung dürfte aber problematisch sein.
Um die Regeln in der Schweiz durchzusetzen, will sich der Bundesrat die Kompetenz geben lassen, nötigenfalls selber tätig zu werden. Er will Jugendschutzregelungen für Film und Videospiele erlassen können, wenn sich die Branchen nicht auf einen genehmigungsfähigen Vorschlag einigen. Dafür sollen sie mindestens zwei Jahre Zeit haben.
Das Gesetz schafft auch die Rechtsgrundlage für die Tests. Es regelt die Aufsicht durch Bund und Kantone, das Monitoring und die Finanzierung. Die Vernehmlassung dauert bis am 24. Juni 2019.
Verworfen hat der Bundesrat eine rein staatliche Regulierung, unter anderem wegen des hohen Aufwands. Verzichten will er auf die Regulierung von Websites mit ungeeignetem Inhalt. Dies sei angesichts der internationalen Dimension des Internets und der Menge an Inhalten nicht umsetzbar, heisst es im Bericht zum Vorentwurf. Der Jugendschutz im Fernsehen wird ebenfalls verschärft, jedoch im Rahmen des Radio- und Fernsehgesetzes.
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