Sie sind das Rückgrat der Schweizer Verteidigung. Noch bis 2025 sollen die 30 Kampfflugzeuge des Typs F/A-18 im Einsatz stehen. Dann erreichen sie ihre maximale Nutzungsdauer. Doch nun droht dem Flieger ein Grounding. Diese Woche wurde in einer Anhörung einer Untergruppe des US-Verteidigungsausschusses bekannt, dass die gesamte F/A-18-Flotte von gravierenden Problemen bei der Sauerstoffversorgung betroffen ist. Experten der US Navy bezeichnen die Probleme beim F/A-18 als deren grösstes Sicherheitsproblem. Die Flotte sei deshalb nur bedingt einsatzbereit. Betroffen sind alle Typen des Mehrzweck-Kampfflugzeugs – auch die neuere Super Hornet.
Was bisher erst in den USA besprochen wurde, wird nun zum Politikum in der Schweiz. Das VBS bestätigt auf Anfrage von SonntagsBlick die Probleme mit dem Sauerstoffversorgungssystem bei der Schweizer Version des F/A-18: «Nach Abklärungen mit Armasuisse und der Luftwaffe können wir bestätigen, dass uns die Vorfälle bekannt sind», wie Luftwaffensprecherin Delphine Allemand sagt. Und: «Es gab auch bei der Schweizer Luftwaffe Vorfälle mit dem Sauerstoffversorgungssystem.»
Plötzlicher Druckabfall im Cockpit
Bei den älteren Modellen der Reihe A bis D, wie sie in der Schweiz im Einsatz stehen, kommt es laut Experten in den USA vor allem zu Problemen mit dem Kabinendruck im Cockpit. Deshalb erkranken die Piloten akut an der höhenbedingten Dekompressionskrankeit. Ähnlich wie bei Taucherunfällen, bildet der schnell entweichende Stickstoff Blasen im Körper der Piloten. So können gefährliche Embolien in Venen und Organen entstehen. Das Risiko steigt, wenn Piloten mit ihrer Maschine schnell aufsteigen – etwa bei einem Luftpolizeieinsatz.
Laut Experten in den USA litten die Piloten auch an Hypoxie – an einer Sauerstoff-Unterversorgung. Dabei treten Symptome wie Desorientierung und Schläfrigkeit auf – bis hin zur Bewusstlosigkeit.
Herstellerin Boeing ist das Problem bekannt. Zusammen mit der US Navy, dem Hauptabnehmer des Jets, wurde eine 62-köpfige Arbeitsgruppe eingesetzt. Die hat inzwischen 383 Zwischenfälle identifiziert, die in Zusammenhang mit Druck- oder Sauerstoffproblemen beim F/A-18 stehen.
Die Gruppe stellte auch fest: Mit zunehmendem Alter der Flugzeuge nehmen die Probleme zu. Laut US-Quellen haben sich diese seit 2010 verdoppelt. Boeing konnte die Probleme bis auf das Versorgungssystem des Jets eingrenzen – trotzdem bekommt man sie nicht in den Griff. Die US Navy hat wegen der zunehmenden Vorfälle zusätzlich auf zwei Flugzeugträgern Dekompressionskammern installiert.
Sicherheitspolitikerin Savary: «Wir wurden nie informiert»
In der Schweiz sei Armasuisse nun über ihre Flight-Management-System-Partner, der US Navy und Herstellerin Boeing in regelmässigem Austausch, sagt Sprecherin Allemand. Die entsprechenden Komponenten der Flugzeuge würden überwacht und einer verbesserten Wartung unterzogen. «Weitere Massnahmen sind in Diskussion und Abklärung», so Allemand.
In der vom Bundesrat im letzten Jahr eingesetzten Begleitgruppe zur Beschaffung eines neuen Kampfjets kamen die Probleme beim F/A-18 bisher nie zur Sprache. In der Gruppe ist auch die Waadtländer Ständerätin Géraldine Savary (48, SP). Obwohl sie in engem Kontakt mit der Luftwaffe steht, wurde sie über die Probleme beim F/A-18 «noch nie informiert», wie sie zu SonntagsBlick sagt. Sie werde diese neuen Informationen bei der nächsten Sitzung der Sicherheitspolitischen Kommission zur Sprache bringen – diese tagt am Donnerstag. Erst im Februar beantragte der Bundesrat die Verlängerung des F/A-18-Einsatzes bis 2030 für 450 Millionen Franken. «Jetzt müssen wir wohl nochmals über die Bücher», so Savary.
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