Ein Tusch. Ein Raunen. Dann heisst es: Manege frei für Delhi (47) und Ceylon (44)! Zum letzten Mal vor Zirkuspublikum. Noch einmal heben die beiden Elefanten stolz den Rüssel. Die Peitsche knallt. Noch einmal gehen die grauen Giganten in die Knie.
Tosender Applaus. Wehmut liegt in der Manegenluft der ausverkauften Abendvorstellung gestern in Lugano TI.
Denn es heisst Abschied nehmen. Von Ceylon und Delhi. Nach fast 100 Jahren präsentiert die Familie Knie keine Elefantennummern mehr. Die Tiere werden in Zukunft nur noch im Kinderzoo in Rapperswil SG zu sehen sein. Dort wurde im März der Elefantenpark Himmapan eröffnet. Und dort werden die Rüsseltiere mit Spielen und Elefantenreiten beschäftigt.
«Irgendwie ist alles noch Routine», sagt Franco Knie jun. (39). «Sicher werde ich im nächsten Jahr, wenn keine Elefanten im Programm sind, den Verlust spüren.»
Ob der bald arbeitslose Elefantendompteur mit einer neuen Nummer wieder in der Manege steht, weiss er noch nicht. Vorerst wirkt Franco Knie jun. weiter als technischer Direktor hinter den Kulissen.
«Im Zirkus werde ich wieder zum Kind», sagt Stararchitekt Mario Botta (72). Er sitzt mit seinen Enkeln im Publikum. Dass die Elefanten in Rente gehen, findet der Tessiner okay. «Wilde Tiere gehören nicht in die Manege», sagt Botta.
Sandro Arpone (33) aus Locarno TI wuchs mit den Dickhäutern auf. Heute zeigt er seinen Kindern Loris (11) und Gioia (5) seine tonnenschweren Freunde vom Zirkus Knie. «Ich war jedes Jahr hier, seit meiner Kindheit. Ich habe immer die Elefanten begrüsst», erzählt der Optiker. Zwei Säcke mit Rüebli und Brot hat Sandro Arpone dabei. Zum Füttern zwischen den Auftritten. «Ich werde die Elefanten vermissen.»
Contenta Fischer (40) aus Bern ist ebenfalls ein grosser Fan der Knie-Elefanten. Auch sie hat ihnen etwas mitgebracht. «Ceylon liebt Trauben und Delhi Mango», weiss die freischaffende Journalistin.
Ilaria und Sara (beide 9) aus Lugano schauen noch schnell nach den Dickhäutern, bevor die letzte Vorstellung beginnt. «Sie sind so schön anzusehen», sagt Sara. «Doch im Zoo haben sie es sicherlich besser.» Ihre Freundin Ilaria hat einen Elefanten schon mal hautnah erlebt. «Ich sass in der ersten Reihe, da hat er mir ins Gesicht geniest.»
Vor dem Zirkus stehen Tierschützer. Sie haben nun einen Grund weniger zu demonstrieren. Doch es ist nicht Mitleid, das die Knies zur Entscheidung trieb, ihre Elefantennummern einzustellen. «Es gibt einen Importstopp von Elefanten aus Asien», erklärt Fredy Knie jun. (69), sie seien vom Aussterben bedroht. «Wir wollen uns daher auf die Zucht konzentrieren.»
Bis zu zwölf Elefanten soll sein Park beherbergen. Ceylon und Delhi allerdings sind zu alt für eigenen Nachwuchs. «Die beiden werden Babys sitten. Denn in der Herde sind Tanten und Schwestern wichtig.» Traurig sei er heute nicht, so Fredy Knie jun., «schliesslich bleiben uns die Elefanten erhalten».