Kriegsmunition, menschliche Überreste, Flugzeugteile: In den vergangenen Wochen wurden gleich mehrere spektakuläre Funde in Gletschern gemacht.
Am 28. Juni findet ein britisches Paar am Rand des Grossen Aletschgletschers drei menschliche Skelette. Sie stammen von den Gebrüdern Ebener, die zusammen mit ihrem Freund Max Riederer am 4. April 1926 im Gletschergebiet verschwanden. Auch Münzen, eine Tabakpfeife und eine Sackuhr wurden gefunden.
Am 27. Juli finden drei 18-jährige Bergsteiger auf dem Gauligletscher einen Propeller der legendären Propellermaschine Dakota. Sie stürzte 1946 in einem heftigen Schneesturm über dem Gauligletscher ab und wurde zugeschneit. Alle Insassen überlebten.
Vergangene Woche finden Bergsteiger und Mitarbeiter der Bergwacht am Mont Blanc auf der französischem Boden Überreste des Air India Flugzeugs, das 1966 abstürzte. Ein Flugzeugrad, ein Schuh und eine Tasche für Diplomatenpost kamen zum Vorschein. Die Tasche wurde heute Montag der indischen Botschaft in Paris übergeben. Darin enthalten seien vor allem alte Zeitungen.
«Mail Online» berichtete am Sonntag über den Fund von Munition aus dem ersten Weltkrieg auf dem Ago de Nardis in Norditalien. Auf 3200 Meter über Meer wurden über 200 Patronen gefunden, die zwischen sieben und zehn Kilogramm wiegen.
Die Funde sind kein Zufall
Warum kommen gerade jetzt so viele dieser historischen Zeugnisse zu Tage? Gegenüber Blick.ch sagt der Glaziologe Samuel Nussbaumer vom Geographischen Institut der Universität Zürich: «Einige dieser spektakulären Funde kommen nicht zufällig aus den Gletschern hervor.»
Als Beispiel führt er den Propeller der Dakota an: «Die Dakota wurde 1946 zugeschneit und durch die Gletscherbewegung talwärts gefördert. Aufgrund der Dynamik im Gletscher kommt sie jetzt nach und nach wieder zum Vorschein.»
Einiges bleibt für immer im Eis
Andere Gegenstände können laut Nussbaumer für immer im Eis verschollen bleiben. Dann nämlich, wenn sie in unbeweglichen Eisfeldern eingefroren sind. Nur die extreme Wärme kann sie ans Licht holen.
«Im Hitzesommer 2003 kamen auf dem Schnidejoch in den Berner Alpen Hosen, Schuhe und Köcher mit Pfeilen drin an die Oberfläche», so Nussbaumer. «Das ist ausschliesslich den hohen Temperaturen zuzuschreiben.»
Geben die Gletscher Opfer aus dem 1. Weltkrieg frei?
Die rasant schmelzenden Gletscher fördern das Auftauchen von Knochen oder Flugzeugteilen zusätzlich. Vermutet die Wissenschaft denn noch weitere spektakuläre Funde in den Alpengletschern? «In der nächsten Zeit wird sicher der Grossteil der Dakota-Maschine erscheinen.
Aber es wird noch weitere Überraschungen geben in Zukunft», prophezeit Nussbaumer.
«Im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich sind im ersten Weltkrieg Soldaten verschwunden. Knochen- und Ausrüstungsfunde sind dort durchaus möglich», ist der Glaziologe überzeugt.
Wann diese Opfer aus dem ewigen Eis auftauchen, kann man nicht vorhersehen: «Das zu bestimmen wäre ein zu grosser Aufwand. Aber unabhängig vom klimabedingten Gletscherschwund kann man feststellen: was oben auf den Gletscher fällt, kommt unten irgendwann wieder raus.»