Legaler Hanf sorgt bei Polizisten für rauchende Köpfe. Sie fordern:
«Wir brauchen einen Schnelltest!»

THC-freies, legales Cannabis sorgt bei den Polizisten für Ärger. Denn: Um legal von illegal unterscheiden zu können, braucht es einen Labortest. Das bedeutet hohe Kosten für den Steuerzahler – und Leerlauf bei der Polizei.
Publiziert: 22.02.2017 um 23:44 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:17 Uhr
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Max Hofmann: «Die Situation wird sich zuspitzen.»
Foto: 50 Yvonne Leonardi
Michael Sahli

Der Polizei könnte ein anstrengender Sommer bevorstehen. Denn: Der Konsum von legalem, THC-freiem Cannabis boomt. Dutzende Geschäfte, Versandhändler, Kuriere und Pflanzer drängen auf den jungen Markt – und finden problemlos Kundschaft. «Die Nachfrage ist grösser als das Angebot. Das ist mit ein Grund, weshalb die Preise für legalen Hanf teilweise fast höher sind als bei Drogenhanf auf dem Schwarzmarkt», sagt Ivan Enderli, Mitbegründer von KannaSwiss. So kostet ein Gramm Gras zurzeit auf der Strasse etwa elf Franken. Für ein legales Gramm zahlt man im Shop oft mehr.

Die Firma Swiss Cannabis nennt Zahlen: «Wir verkaufen etwa ein Kilogramm pro Filiale und Monat.» Tendenz stark steigend. Und bei cbd-shop.ch heisst es: «2014 verkauften wir gerade mal ein Säckli pro Woche. Jetzt mit allen Portalen zusammen sind es mehrere Kilogramm pro Woche.»

THC-freies Gras sieht gleich aus und riecht gleich wie das illegale.
Foto: eldadcarin

Legales Hanf lässt sich mit blossem Auge nicht von Drogen-Hanf unterscheiden

Das Problem daran: Der legale Hanf lässt sich nicht von Drogen-Hanf unterscheiden. Wer seinen CBD-Joint in der Öffentlichkeit raucht, riskiert, in eine Polizeikontrolle zu geraten. «Vor Ort ist nicht zu erkennen, ob es sich um eine legale oder illegale Substanz handelt», sagt der Zürcher Polizeisprecher Marco Cortesi. Folglich muss das Cannabis im Labor getestet werden. Die Kosten von bis zu 500 Franken übernimmt – sofern es sich tatsächlich um legales Gras handelt – der Steuerzahler. Ein kostspieliger Leerlauf.

Schnelltest könnte Verfahren beschleunigen

Adrian Wüthrich, Präsident des Berner Polizeiverbands, wird konkret: «Der CBD-Trend ist ein zunehmend feststellbares Problem. Die Forderung ist klar: Wir brauchen einen Schnelltest, damit wir die Kontrollen in vernünftiger Zeit umsetzen können.» Falls das nicht funktioniert und der Politik die Kosten für die Kontrollen zu hoch werden, müsse sie nach Lösungen suchen. «Die Legalisierung des Hanfkonsums wäre eine Option, welche das Parlament diskutieren kann», so Wüthrich.

Polizeibeamte ärgern sich über Riesenbüez

Auch beim Verband Schweizerischer Polizeibeamter wünscht man sich ein Umdenken. Generalsekretär Max Hofmann sagt: «Die Personen- und Drogenkontrollen an sich sind eine Riesenbüez und mit hohen Kosten verbunden. Dazu kommen dann noch die Kosten für die Labortests.» Eigentlich sei die Haltung der Polizeigewerkschaft bezüglich Hanf klar: «Es ist eine Droge, es ist ungesund – und das Volk hat eine Legalisierung an der Urne klar abgelehnt.» Aber: «Wir brauchen andererseits auch ein Gesetz und die nötigen Instrumente, die umsetzbar sind und funktionieren.»

Fakt ist: Das legale CBD-Hanf dürfte die Arbeit für die Polizisten auf der Strasse grundsätzlich verändern. Die Grenzen zwischen legal und illegal sind längst verschwommen. «Im Hinblick auf den Sommer wird sich die Situation weiter zuspitzen», sagt Hofmann.

So funktioniert ein Schnelltest

In den USA gibt es bereits mehrere Schnelltests, die die Anteile des legalen CBD und illegalen THC sicher anzeigen können. Sie funktionieren alle gleich: Man füllt eine Cannabis-Probe in ein Test-Röhrchen, fügt ein Lösungsmittel mit Zusätzen hinzu und schüttelt das Ganze. Nach einer Minute zeigt die Farbe an, wie die Probe zusammengesetzt und wie hoch der THC-Anteil im Gras ist.

Das Problem: Der Test ist fehleranfällig. Auch der Schweiz-Importeur medictest hat noch keinen CBD-Schnelltest im Angebot. «Wir evaluieren gerade zwei Produkte. In zwei bis drei Monaten sollten wir sie anbieten können», sagt Geschäftsführer ­Davide Iuorno zu BLICK. (B.M.)

Der verborgene Mega-Markt

Von allen verbotenen Drogen wird Cannabis in der Schweiz mit Abstand am meisten konsumiert. Bevölkerungsbefragungen haben ergeben, dass ein Drittel der Personen über 15 Jahre schon Cannabis konsumiert hat. Über 200'000 Schweizer gaben an, regelmässig zu kiffen.

Laut Kriminalstatistik wurden 2015 in der Schweiz insgesamt 1432 Kilogramm Marihuana und 216 Kilogramm Haschisch beschlagnahmt. Die Ware entspricht einem Strassenwert von rund 20 Millionen Franken. Pikant: Das Bundesamt für Polizei geht sogar von einer jährlich konsumierten Menge von 25’000 bis 37’000 Kilogramm aus – das entspräche einem Strassenwert von bis zu 370 Millionen Franken. Laut dem Fedpol könnte die konsumierte Menge sogar doppelt so hoch sein!

250 Millionen Joints sollen jährlich in der Schweiz gedreht werden 

Einen anderen Ansatz zur Marktanalyse versucht der Verein «Legalize it», der sich für eine Legalisierung von Cannabis einsetzt. Er bewertet den Verkauf von Zigarettenpapier, das sich vom Format her für das Drehen von Joints eignet. Resultat: In der Schweiz dürften jährlich 250 Millionen Joints gedreht werden. Macht 35 Joints pro Kopf und Jahr.

Die Zahlen verraten auch: Die Schweizer pflanzen ihr Gras am liebsten selbst an. Konkret sagt die Kriminalstatistik, dass über 25'000 Hanfsamen und über 27'000 Pflanzen beschlagnahmt wurden. Eine BLICK-Umfrage bei verschiedenen Polizeikorps hat ergeben, dass man besonders oft kleine, illegale Anlagen entdeckt. Grund: Das benötigte Equipment wie Lampen, Dünger und Geruchsfilter kann von jedermann legal im Internet bestellt werden. Einzig: Der technische Aufwand ist enorm, manch Cannabis-Freund fliegt wegen einer auffallend hohen Stromrechnung auf. (sac)

Von allen verbotenen Drogen wird Cannabis in der Schweiz mit Abstand am meisten konsumiert. Bevölkerungsbefragungen haben ergeben, dass ein Drittel der Personen über 15 Jahre schon Cannabis konsumiert hat. Über 200'000 Schweizer gaben an, regelmässig zu kiffen.

Laut Kriminalstatistik wurden 2015 in der Schweiz insgesamt 1432 Kilogramm Marihuana und 216 Kilogramm Haschisch beschlagnahmt. Die Ware entspricht einem Strassenwert von rund 20 Millionen Franken. Pikant: Das Bundesamt für Polizei geht sogar von einer jährlich konsumierten Menge von 25’000 bis 37’000 Kilogramm aus – das entspräche einem Strassenwert von bis zu 370 Millionen Franken. Laut dem Fedpol könnte die konsumierte Menge sogar doppelt so hoch sein!

250 Millionen Joints sollen jährlich in der Schweiz gedreht werden 

Einen anderen Ansatz zur Marktanalyse versucht der Verein «Legalize it», der sich für eine Legalisierung von Cannabis einsetzt. Er bewertet den Verkauf von Zigarettenpapier, das sich vom Format her für das Drehen von Joints eignet. Resultat: In der Schweiz dürften jährlich 250 Millionen Joints gedreht werden. Macht 35 Joints pro Kopf und Jahr.

Die Zahlen verraten auch: Die Schweizer pflanzen ihr Gras am liebsten selbst an. Konkret sagt die Kriminalstatistik, dass über 25'000 Hanfsamen und über 27'000 Pflanzen beschlagnahmt wurden. Eine BLICK-Umfrage bei verschiedenen Polizeikorps hat ergeben, dass man besonders oft kleine, illegale Anlagen entdeckt. Grund: Das benötigte Equipment wie Lampen, Dünger und Geruchsfilter kann von jedermann legal im Internet bestellt werden. Einzig: Der technische Aufwand ist enorm, manch Cannabis-Freund fliegt wegen einer auffallend hohen Stromrechnung auf. (sac)

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