Die Initiative «Für gesunde sowie umweltfreundlich und fair hergestellte Lebensmittel» will die hohen Schweizer Lebensmittelstandards schützen und fordert ökologische und soziale Standards für Importprodukte. So wollen die Initianten verhindern, dass Produkte aus industrieller Massenproduktion auf den Schweizer Markt gelangen.
Konkret soll der Bund Anforderungen festlegen und sicherstellen, dass importierte landwirtschaftliche Erzeugnisse diesen genügen. Für stärker verarbeitete und zusammengesetzte Lebensmittel sowie für Futtermittel müsste der Bund lediglich Ziele anstreben. Weiter sollen die Folgen von Transport und Lagerung für die Umwelt sowie die Verschwendung von Lebensmitteln reduziert werden.
Nach Ansicht der vorberatenden Kommission hat die Initiative zwei wesentliche Nachteile: Sie stehe im Widerspruch zu internationalem Handelsrecht und wäre wegen der aufwendigen Kontrollen kaum praktikabel, sagte Sprecher Hansjörg Walter (SVP/TG). Dieser Einschätzung schlossen sich viele Redner an.
Es müsste überprüft werden, ob eingeführte Lebensmittel tatsächlich sämtliche Anforderungen gemäss Initiative erfüllen, erklärte Leo Müller (CVP/LU). Für Heinz Siegenthaler (BDP/BE) ist die korrekte Deklaration aller Produkte sowieso viel wichtiger als Kontrollen. Menschen könnten hierzulande schon heute gesunde und fair produzierte Lebensmittel kaufen.
Kathrin Bertschy (GLP/BE) gab zu bedenken, die Ernährung sei für knapp 30 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Das Anliegen sei deshalb unbestritten, die Initiative jedoch nicht zielführend. In der Konsequenz müsste der Import aller Produkte, dessen Nachhaltigkeit nicht garantiert sei, gestoppt werden. Das verbessere die ökologische Bilanz kaum.
Louis Schelbert (Grüne/LU) trat im Rat der Kritik entgegen, der Initiativtext sei zu restriktiv. Nach dem Ja zum Verfassungsartikel zur Ernährungssicherheit sei nun der nächste Schritt notwendig. Das globale Handelssystem werde dabei nicht von einem auf den anderen Tag auf den Kopf gestellt.
Was heute auf dem Teller lande, werde zur Hälfte importiert. Der Leistungsausweis der Schweiz bei importierten Produkten lasse aber zu wünschen übrig, kritisierte Schelbert. Der Bund schaue heutzutage nur auf die inländische Produktion.
Gespalten war die SP. Sie empfahl Stimmfreigabe bei der Initiative. Prisca Birrer-Heimo (LU) warnte, bei Annahme der Initiative steige der Druck auf die Schweiz, ihre Standards bei Produkten zu senken. Auch drohe die Gefahr höherer Lebensmittelpreise.
Parteikollegin Martina Munz (VD) konterte, weltweit gebe es nur vier Länder, die im Verhältnis zur Kaufkraft für Lebensmittel weniger Geld ausgeben würden als die Schweiz. Dies sei einem der reichsten Länder unwürdig.
Mehrere Redner kritisierten die vorberatende Kommission dafür, keinen direkten Gegenentwurf ausgearbeitet zu haben. Aus Sicht der Kommission wäre auch mit einem Gegenvorschlag ein Konflikt mit dem internationalen Handelsrecht unvermeidlich.
Einen Ausweg schlug Beat Jans (SP/BS) vor. Statt den Import gewisser Produkte zu unterbinden, soll die Schweiz die Einfuhr nachhaltiger Lebensmittel etwa mit tieferen Zöllen begünstigen. «Wir versuchen, eine Brücke zu bauen», erklärte Jans. Mit diesem direkten Gegenvorschlag zeigten sich auch die Initianten zufrieden.
Der Bundesrat empfiehlt dem Parlament, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Er erachtet das Begehren unter anderem als unvereinbar mit internationalen Verpflichtungen und warnt vor einem aufwendigen Kontrollsystem. Der Nationalrat wird am Donnerstag über die Initiative entscheiden.
Die Fair-Food-Initiative ist das dritte innerhalb von knapp zwei Jahren eingereichte Volksbegehren zu Ernährung und Landwirtschaft. Sie wird unter anderem von den Grünen, der EVP, vom Schweizer Tierschutz, der Konsumenten Vereinigung der Kleinbauernvereinigung, Swissaid und KAGfreiland unterstützt.
Am letzten Sonntag hat das Stimmvolk den Verfassungsartikel zur Ernährungssicherheit deutlich angenommen. Dieser beauftragt den Bund, Voraussetzungen zu schaffen, um die Versorgung der Schweiz mit Lebensmitteln sicherzustellen. Der Artikel ist der Gegenvorschlag zu einer zurückgezogenen Initiative des Bauernverbandes.
Schliesslich werden Parlament und Volk auch über die Initiative «für Ernährungssouveränität» der Bauerngewerkschaft Uniterre befinden müssen. Der Bundesrat lehnt auch diese ab. Sie fordert, dass die einheimische bäuerliche Landwirtschaft gefördert und auf eine Versorgung mit überwiegend hiesigen Lebens- und Futtermitteln geachtet wird. Ausserdem sollen gerechte Preise festgelegt und gentechnisch veränderte Organismen verboten werden.
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