Die Tessiner wussten es schon lange: Morcote ist ein wahres Bijoux. Die 770-Seelen-Gemeinde, die sich malerisch an das Ufer des Luganersees schmiegt, liegt im Verwaltungskreis mit dem vielversprechenden Namen Paradiso. Und dass in Morcote tatsächlich paradiesische Zustände herrschen, davon ist nun auch der Rest der Schweiz überzeugt. In einem grossen Wettbewerb von «Schweizer Illustrierte», «L'Illustré», «il Caffè» sowie den öffentlich-rechtlichen Fernsehstationen aller vier Sprachregionen wurde der Ort – mit Abstand – zum schönsten Dorf der Schweiz 2016 gekürt.
Andrea Soldini, Vize-Bürgermeister der Gemeinde und lokaler Tourismuspräsident, ist überglücklich – aber, wie er zugibt, auch nur wenig überrascht. «Morcote ist schliesslich schon etwas ganz Besonderes», meint er und schwärmt: «Die Lage direkt am See, die historischen Laubengänge, der botanische Park, vier Kirchen, ein Strandbad: Bei uns gibt es für Jeden etwas.» Nun werde erst einmal auf den Sieg angestossen, sagt Soldini. Ein grosses Fest soll folgen.
Chancenlose Deutschschweiz
Morcote ist die fünfte Gemeinde, die zum schönsten Dorf der Schweiz gewählt wurde. War der Wettbewerb bis 2014 auf die Romandie beschränkt, können seit vergangenem Jahr Dörfer aus dem ganzen Land nominiert werden. Deutschschweizer Gemeinden haben es allerdings schwer. Ins Finale schafften es dieses Jahr Dörfer aus dem Wallis, dem Jura und dem rätoromanischsprachigen Graubünden – und bereits im letzten Jahr gewann mit Soglio GR ein Ort am Rande der Schweiz.
Ist die Deutschschweiz etwa weniger schön als die anderen Landesteile? «Überhaupt nicht», sagt André Aschwanden, Sprecher von Schweiz Tourismus. Er ist überzeugt: «Die ganze Schweiz bietet ausserordentlich schöne Landschaften und Dörfer.» Zum Sieg verholfen haben könnte den Morcotesi aber, dass viele Deutschschweizer vom Tessin und der Westschweiz grundsätzlich «sehr angezogen» seien. «Die anderen Sprachregionen wirken vielleicht immer ein bisschen «exotischer» als die eigene», meint Aschwanden.
Ein Blick in die Beherbergungsstatistik zeigt zudem, dass die Südschweiz zwar Sieger der Herzen, nicht aber der Logiernächte ist. So sind die bei einheimischen wie ausländischen Touristen beliebtesten Regionen Zürich, Graubünden, das Wallis und das Berner Oberland. (lha)