Kurs soll Menschen mit Lese- und Schreibschwäche Selbstvertrauen geben
Wenn die Worte nicht wollen

Edgar Rölli ist einer von 800'000 Menschen hierzulande, die Mühe haben mit Lesen und Schreiben. Eine Kampagne und Kurse sollen Abhilfe schaffen.
Publiziert: 04.09.2022 um 17:36 Uhr
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Aktualisiert: 07.09.2022 um 14:37 Uhr
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Edgar Rölli hat Mühe mit Lesen und Schreiben.
Foto: STEFAN BOHRER
Dana Liechti

Jahrelang nahm Edgar Rölli leitende Funktionen in einem Turnverein wahr. Die Aufgabe fand er schön, etwas aber bereitete ihm immer wieder Kopfzerbrechen: die Abfassung des Jahresberichts. Denn Lesen und Schreiben fallen dem 59-Jährigen schwer. Damit ist er nicht alleine.

Wie Edgar Rölli geht es rund 800'000 Menschen hierzulande, weitere 400'000 haben Mühe mit alltäglichen Rechenaufgaben, jede und jeder Vierte verfügt nur über geringe oder keine digitalen Grundkenntnisse, hat also Schwierigkeiten im Umgang mit Handy und Computer.

Dass trotz Schulpflicht viele Menschen Schwierigkeiten mit sogenannten Grundkompetenzen haben, wird auch Illettrismus genannt.

Manchmal liegt dem Illettrismus – wie bei Edgar Rölli – eine Legasthenie zugrunde. Auch Konzentrationsschwierigkeiten, nicht erkannte Seh- oder Hörschwächen oder belastende Lebensereignisse können dahinterstecken. So oder so: Illettrismus kann schwerwiegende Folgen haben, unter anderem Nachteile im Berufsleben – Edgar Rölli kann ein Lied davon singen: «Eigentlich wäre ich gerne Gerichtsmediziner geworden. Mein Lehrer machte mir aber schon früh klar, dass das mit meiner Schreibschwäche nicht funktionieren wird.»

Oft Situationen ausgewichen

Stattdessen entschied sich Edgar Rölli für eine Karriere als Metzger. Länger machten ihm Lese- und Schreibaufgaben im Alltag zu schaffen: «Diesen wich ich möglichst aus – nicht aus Faulheit, sondern aus Angst, den Anforderungen nicht gerecht zu werden.» Das änderte sich erst, als Edgar Röllis Frau ihm eines Tages die Einladung zu einem Lese- und Schreibkurs auf den Küchentisch legte – und er sich entschloss, daran teilzunehmen.

Das führte zum Happy End: «Zwar mache ich auch jetzt noch Fehler, aber ich bin viel selbstbewusster und bringe besser aufs Papier, was ich sagen will.» Manchmal habe er nun sogar Freude am Schreiben – und mehr: Heute macht er als Botschafter auf solche Kurse aufmerksam, um anderen zu helfen, aktuell etwa mit der Kampagne «Einfach besser».

Die Initiative will Betroffene motivieren, einen Kurs für Grundkompetenzen zu besuchen, und Unternehmen animieren, Schulungen für ihre Angestellten anzubieten.
Hinter Kampagne und Kursangebot stehen die Interkantonale Konferenz für Weiterbildung und der Schweizer Dachverband Lesen und Schreiben. Das Projekt wird finanziell vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation sowie verschiedenen Kantonen unterstützt. Edgar Rölli freut sich, dass so das Thema Illettrismus in den Fokus rückt: «Es tut gut, zu wissen, dass man damit nicht alleine ist – und dass es Hilfe gibt.»

Sind Sie auch betroffen? Hilfe gibt es unter info@besser-jetzt.ch

Auch betroffen? Hier gibt es Hilfe!

Haben Sie auch Mühe mit Lesen und Schreiben? Fallen Ihnen Rechnungsaufgaben im Alltag schwer? Oder hätten Sie gerne mehr Selbstvertrauen bei der Nutzung von Handy und Computer? Mehr Infos zu Kursen erhalten Sie unter der Hotline 0800 47 47 47 oder unter www.besser-jetzt.ch.

Haben Sie auch Mühe mit Lesen und Schreiben? Fallen Ihnen Rechnungsaufgaben im Alltag schwer? Oder hätten Sie gerne mehr Selbstvertrauen bei der Nutzung von Handy und Computer? Mehr Infos zu Kursen erhalten Sie unter der Hotline 0800 47 47 47 oder unter www.besser-jetzt.ch.

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