Kümmertshausen-Kronzeuge Ylmaz B. schon wieder frei
«Das Gericht brauchte einen Dummen – und das bin ich»

Am Montag wurde Yilmaz B. wegen eventualvorsätzlicher Tötung durch Unterlassung schuldig gesprochen. Er soll mitschuldig am Tod eines IV-Rentners sein. Noch im Gerichtssaal wurde der Kurde verhaftet. Nun ist er schon wieder frei – und beteuert seine Unschuld.
Publiziert: 27.01.2018 um 20:03 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:42 Uhr
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Am Montag verhaftet und schon wieder frei: BLICK hat Yilmaz B. bei einem Kaffee in einer Kebab-Bude getroffen.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer

Es war ein Schock für Yilmaz B.* (39): Im Monster-Prozess steht er am Montag als grosser Verlierer da. Die drei Männer, die der Kurde als Kronzeuge der Staatsanwaltschaft schwer belastete, werden freigesprochen. Das Bezirksgericht von Kreuzlingen TG konnte ihnen keine Beteiligung an der Tötung von IV-Rentner Peter G.* (†53) im November 2010 in Kümmertshausen nachweisen (BLICK berichtete).

Yilmaz B. wurde vom Gehilfen zum Haupttäter

An ihrer Stelle wird Yilmaz B., eigentlich nur als Gehilfe angeklagt, verurteilt! «Sie haben nichts getan und den Tod von Peter G. in Kauf genommen», wirft ihm Richter Thomas Pleuler vor. Der Schuldspruch lautet auf eventualvorsätzliche Tötung durch Unterlassung. Yilmaz B. war am Tatort, im Haus des Opfers, das qualvoll an einem Knebel im Mund erstickte – und half nicht!

B. wird noch im Gerichtsaal verhaftet – Fluchtgefahr! Beamte führen ihn in Handschellen und Fussfesseln ab. Doch ins Gefängnis wandert der Kurde nur kurz: Das Thurgauer Zwangsmassnahmengericht hat den Antrag auf Sicherheitshaft versenkt und ihn am Donnerstag wieder entlassen.

Er beteuert seine Unschuld

Gestern trifft BLICK Yilmaz B. an seinem Wohnort. «Guten Tag, wie geht es? Wollen wir reden?», fragt er. Darauf lädt er den Reporter zu einem Kaffee ein. Dort legt der gefallene Kronzeuge los: «Ich bin ein Justizopfer! Der politische Druck in diesem Prozess war so gross, dass sie jemanden verurteilen mussten. Das Gericht brauchte einen Dummen – das bin jetzt ich», sagt er.

Er sei enttäuscht, dass ein solches Urteil in der Schweiz möglich sei. «Ich habe immer die Wahrheit gesagt und bin unschuldig», sagt Yilmaz B. Er habe seine Mittäter von der Tötung des IV-Rentners abhalten wollen. Ausserdem hätten die Fehler der Staatsanwaltschaft – Yilmaz B. wurde stundenlang geheim befragt – seiner Glaubwürdigkeit geschadet.

«Dieses Urteil kann ich nicht akzeptieren. Wenn nötig, gehe ich dafür bis vor Bundesgericht oder nach Strassburg», erklärt der Familienvater ohne Arbeitsbewilligung. Weshalb ist er überhaupt frei? «Weil ich gar nicht flüchten kann. Ich liebe die Schweiz. Meine Familie ist hier. Ich will eines Tages in diesem Land sterben!»

*Namen der Redaktion bekannt

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