Inmitten von Stossverkehr und ungeduldigen Verkehrsteilnehmern schlängeln sich täglich hunderte Busse durch die Schweizer Städte. Die Schätzungen des Instituts für Angewandte Psychologie sind deshalb beunruhigend: Über ein Drittel der Chauffeure hinter dem Lenkrad eines Passagier-Busses sollen mit dem anspruchsvollen Beruf eigentlich überfordert und deshalb fehl am Platz sein, berichtet die «SonntagsZeitung».
Experten bemängeln vor allem die mangelnden Kontroll-Mechanismen. So ist es in der Schweiz – im Gegensatz zu Deutschland oder Österreich – bei Bus-Chauffeuren nicht üblich, dass sie sich psychologischen Tests stellen müssen. Anders sieht es beispielsweise bei Lokführer aus, die zu Beginn ihrer Karriere einem eingehenden Eignungstest unterzogen werden. «Bus-Chauffeure haben eine erhöhte Lenkverantwortung. Solche Tests machen deshalb Sinn», findet die Verkehrspsychologin Jacqueline Bächli-Biétry.
37 Prozent fallen durch
Sie steht mit dieser Haltung nicht alleine. Andreas Widmer, Präsident der Vereinigung für Verkehrspsychologie fordert ebenfalls eine Neuregelung. «Soll die Verkehrssicherheit erhöht werden, führt kein Weg daran vorbei.»
Einer, der psychologische Tests bei Arbeitnehmern durchführt, ist Simon Carl Hardegger. Er untersucht beispielsweise auch das Personal von Atomkraftwerken auf deren emotionale Kontrolle, Zuverlässigkeit und Problemwahrnehmung. Sein Fazit: «Wir stellen teils krasse Fälle von Untauglichkeit fest.» Hardegger hat bisher 140 Bus-Chauffeure auf ihre Tauglichkeit untersucht. die Durchfall-Quote liegt bei satten 37 Prozent.
Ruckunfälle von Bussen an der Spitze
Trotz dieses hohen Werts sieht man beim Bundesamt für Strassen (Astra) kein Handlungsbedarf. «Die Unfallzahlen bei Bussen sind nicht alarmierend», sagt Sprecher Thomas Rohrbach. Allerdings werden beim Astra nur jene Unfälle registriert, zu denen auch die Polizei ausrückt.
In der nationalen Ereignisdatenbank vom Bundesamt für Strassen werden hingegen auch kleinere Vorfälle aufgezeichnet. Wie die SonntagsZeitung weiter schreibt, führen hier sogenannte «Ruckunfälle» von Bussen die Liste mit 665 Verletzten in fünf Jahren klar an.
Auch beim Bus-Unternehmen Postauto Schweiz, das 3100 Chauffeure angestellt hat, will man von Untersuchungen durch Psychologen nichts wissen. Zwar werden die Angestellten einem Test unterzogen, dort fliegt jedoch gerade mal ein Prozent der Teilnehmer durch. (cat)