Dr. Hagen T.* (44) aus Muri BE preist sich auf seiner Webseite als Multitalent an: Der gebürtige Deutsche ist Allgemein-, Hals-, Nasen- und Ohrenarzt sowie Lehrbeauftragter der Universität Bern. Doch seinen Patienten verwehrt er seine Talente. Die Türen seiner Praxis sind verschlossen.
«Die Praxis bleibt unvorhergesehen in dieser Woche betriebsbedingt geschlossen», teilt Hagen T. ihnen auf einem Zettel an der Glastür mit. Das Gleiche sagt der Arzt in einer Nachricht auf der Combox der Praxis.
Es ist eine Lüge. Die Praxis von Dr. Hagen T. ist schon seit drei Wochen zu. Der Arzt ist abgetaucht.
Hagen T. wurde im letzten Frühling wegen Urkundenfälschung verurteilt. Er verrechnete Hunderte Leistungen, die er nicht erbracht hatte. Von der Krankenkasse Visana ergaunerte sich der Arzt über 35'000 Fr. Nach zwei Jahren flog der Schwindel auf. Hagen T. kassierte eine bedingte Geldstrafe von 18'000 Franken mit einer Probezeit von zwei Jahren.
Visana betreibt den Arzt
Der Strafbefehl liess den Arzt offenbar kalt. «Wir haben bisher keine Rückzahlungen erhalten», sagt eine Visana-Sprecherin zu BLICK. «Wir haben ein Verfahren eröffnet und werden unsere Ansprüche auf rechtlichem Weg geltend machen.» Das heisst: Visana betreibt den Arzt.
Auch die Fürsorge- und Gesundheitsdirektion des Kantons Bern handelte im letzten Herbst. «Wegen eines laufenden Verfahrens wurde ihm die Berufsausübungsbewilligung entzogen», sagt ein Sprecher. «Dr. T. musste seine Praxis per Ende Oktober 2017 schliessen. Er hat kein Anrecht mehr, selbständig als Arzt tätig zu sein.»
Auch das beeindruckte den Arzt nicht. Er arbeitete ohne Bewilligung in seiner Praxis in Muri weiter.
Patienten werden zum Kantonsarztamt geschickt
Hagen T. ist Mitglied der Ärztegesellschaft des Kantons Bern. «Der Fall wurde bis jetzt nur auf Geschäftsleitungsebene besprochen. Der Kantonalvorstand wird das weitere Vorgehen festlegen», sagt Sprecher Marco Tackenberg. «Einen allfälligen Ausschluss könnte die Delegiertenversammlung auf Antrag des Kantonalvorstands beschliessen.»
Bei der Ärztegesellschaft hätten sich in den letzten drei Wochen etliche Patienten von Hagen T. gemeldet. «Wir haben sie gebeten, sich an das Kantonsarztamt zu wenden», so Tackenberg.
BLICK wollte Hagen T. mit der Situation konfrontieren. Er ist aber weder zu Hause in Muri noch per E-Mail erreichbar.
* Name der Redaktion bekannt
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